In Kolumbien wächst die Hoffnung auf Frieden. Die Regierung und die Guerilla-Gruppe FARC haben sich auf eine Waffenruhe geeinigt, mit Hilfe einer Wahrheitskommission soll die kriegerische Vergangenheit des Landes aufgearbeitet werden. Seit 2012 laufen die Friedensverhandlungen im kubanischen Havanna. Frauen haben dazu einen großen Teil beigetragen, zeigt eine neue Studie des britischen Overseas Development Institute (ODI).
In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Frauen an politischem Mitspracherecht gewonnen, heißt es darin zunächst – ungeachtet der Gewalt zwischen Guerillagruppen, der Armee und rechtsextremen Paramilitärs, die in den 1960er Jahren begann. Mehr als 220.000 Menschen wurden während des Krieges getötet und rund sechs Millionen vertrieben.
Das Forschungsinstitut hat erhoben, dass Ende der 1980er Jahre nur 37 Prozent aller Mädchen eine weiterführende Schule besuchten, 2011 waren es rund 94 Prozent. Mehr als 40 Prozent der kolumbianischen Frauen waren 2012 in Gewerkschaften vertreten, ein Viertel mehr als 1990. Dazu habe auch das stärkere Engagement internationaler Organisationen beigetragen, die Fraueninitiativen stärker unterstützt haben. Sie hätten auch die Zusammenarbeit von Frauen und die historischen Dokumentationszentren des Landes gefördert, schreiben die Verfasser der Studie. Das wiederum habe zu einem verstärkten Engagement von Frauen im Bereich der Erinnerungskultur beigetragen.
Die Zahl der weiblichen Abgeordneten hat sich verdreifacht
Auf politischer Ebene hat sich die Zahl der Frauen im kolumbianischen Kabinett und Senat zwischen 1998 und 2012 fast verdreifacht; seit 2011 gibt es einen gesetzlich verankerten Ausschuss für Geschlechtergerechtigkeit. Auch wird Gewalt gegen Frauen seit 2008 härter bestraft. Und die Verfassungsänderung von 1991 habe dafür gesorgt, dass sich Interessengruppen einfacher organisieren können. Das habe es Fraueninitiativen unter anderem ermöglicht, Frauenrechte im Gesetz für Gerechtigkeit und Frieden zu verankern. Es trat 2005 in Kraft und bietet den rechtlichen Rahmen für den Demobilisierungsprozess der FARC.
Bei den Friedensgesprächen in Havanna haben Frauen mehr Mitsprache gefordert. Im September 2013 gab Präsident Juan Manuel Santos dem Druck von Frauenrechtlerinnen nach und verkündete, dass zwei Frauen ins Team der Regierungsdelegierten aufgenommen werden. Anders als die FARC-Delegation war die Regierungsseite nur von Männern besetzt gewesen. Ein Jahr später, im September 2014, gründeten beide Seiten gemeinsam eine Unterkommission für Geschlechterfragen.
Kolumbien ist ein Beispiel dafür, wie Frauen während Gewaltkonflikten gestärkt werden können – und wie sich das wiederum günstig auf Friedensprozesse auswirkt, meinen die Wissenschaftler vom ODI. Dennoch gebe es weiterhin Handlungsbedarf. Noch immer sind in Kolumbien mehr Frauen als Männer Analphabeten. Außerdem sei die Frauenbewegung zersplittert und nur wenige Vertreterinnen kämpften auf Kongressebene für ihre Rechte. Denn dort stehe dann doch stärker das jeweilige Parteiprogramm im Vordergrund als geschlechterspezifische Interessen. Diese durchzusetzen funktioniere bisher eher auf der lokalen Ebene. Insgesamt sei soziale Ungleichheit ein Kernproblem in Kolumbien – nicht nur zwischen Männern und Frauen, sondern auch zwischen Stadt- und Landbewohnern und zwischen ethnischen Gruppen.
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