„Es ist nach wie vor schwierig, Geld im Kampf gegen HIV und Aids zu erhalten“, sagt Helen Zweifel, Geschäftsführerin von Medicus Mundi Schweiz und Koordinatorin von Aidsfocus.ch, der Plattform von Schweizer Aids-Organisationen. Zwar hat die Zahl an Infektionen in allen Weltregionen abgenommen, außer in Osteuropa und Zentralasien. Doch von den gegenwärtig 33,4 Millionen HIV-positiven Menschen haben immer noch rund 60 Prozent keine Möglichkeit, sich behandeln zu lassen. „Damit HIV-positiven und aidskranken Menschen dieser Zugang gewährleistet ist, braucht es mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit“, forderte Zweifel im April auf einer Fachtagung in Bern.
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) investiert jährlich knapp 28 Millionen Euro in die Bekämpfung von HIV/Aids und Malaria, vor allem in Tansania, Mosambik, Ruanda sowie in Osteuropa und Zentralasien. Dort konzentriert sie sich auf die Prävention, den Zugang zu Aids-Medikamenten und die Stärkung der reproduktiven Gesundheit. „Mit mehr Geld könnten die dramatischen Folgen von Aids in vielen Ländern gelindert und es könnte mehr zur Vorbeugung von Neuinfektionen getan werden“, sagt Andreas Loebell, in der DEZA zuständig für Gesundheit. Die DEZA integriert HIV/Aids-Bekämpfung seit vielen Jahren in verschiedene Programme – ein Ansatz, der sich in Zeiten knapper Mittel bewährt habe.
In Südafrika mussten Therapien unterbrochen werden
Der Spardruck trifft auch nichtstaatliche Organisationen wie das Schweizer Hilfswerk Co-Operaid, das seit 12 Jahren Aufklärungs- und Beratungsarbeiten zugunsten von Aidswaisen in Kenia und Uganda durchführt. „Wir wollten unsere Projekte ausbauen, doch dieser Traum ist geplatzt“, resümiert Geschäftsführer Rao Satapati. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF), die in rund 30 Ländern HIV/Aids-Programme betreibt und über 140.000 HIV-positive Erwachsene und Kinder mit antiretroviralen Medikamenten versorgt, hat kürzlich in einem Bericht festgestellt, dass die Sparzwänge bedeutende Erfolge aufs Spiel setzen.
„Die aktuellen Finanzierungskürzungen bedeuten, dass Ärzte und Krankenschwestern HIV-Patienten abweisen müssen, ganz so, als wären wir wieder in den 1990ern, als es noch keine Behandlung für Aids-Kranke gab“, sagt Tido von Schoen-Angerer, Leiter der Medikamentenkampagne von MSF. So mussten im südlichen Afrika, in Ländern Ost- und Mitteleuropas und in der Karibik staatliche Aids-Behandlungsprogramme wegen finanzieller Engpässe reduziert oder geschlossen werden. In Südafrika beispielsweise haben Finanzierungsschwierigkeiten zur Unterbrechung von Therapien geführt, und neue Patienten wurden nicht mehr behandelt.
Geld fehlt zunehmend auch für HIV-Präventionsprogramme. „Gerade für die gezielte Prävention, die beispielsweise auf Sexarbeiterinnen oder Drogenabhängige abzielt, ist es schwierig, Geld zu erhalten“, sagt Stefan Germann, Direktor für Forschung und globale Gesundheitspartnerschaft von World Vision International. Grund sei, dass diese Zielgruppe kriminalisiert wird. „Prävention und Behandlung sind eng miteinander gekoppelt“, erklärt Helen Zweifel von Medicus Mundi. Zudem liessen sich die Leute eher auf HIV testen, wenn ihnen bei einem positiven Resultat eine Behandlung in Aussicht gestellt wird. (Franziska Herren, InfoSüd)