Kritik an Kohleabbau in Kolumbien

Ein neuer Bericht wirft kein gutes Licht auf Glencores Kohleabbau in Kolumbien. Der Schweizer Rohstoff-Multi weist die Vorwürfe zurück. Eine Bürgerbewegung aus dem Wohnsitzkanton des Glencore-Chefs will sich damit nicht zufrieden geben.

Der Rohstoff-Multi mit Sitz in der Schweiz sorgt sich seit längerem um sein angekratztes Image. Glencore veröffentlicht seit 2010 Nachhaltigkeitsberichte nach den Standards der Global Reporting Initiative. Inwiefern diese Hochglanzberichte der Realität entsprechen, haben die nichtstaatliche Organisation ask und ihr kolumbianischer Partner PAS (Pensamiento y Acción Social) recherchiert. In ihrem im April veröffentlichten Schattenberich listen sie zahlreiche Mängel auf: So belaste der Kohleabbau die Umwelt, verändere das Mikroklima und beeinträchtige die Vegetation. Zudem verhalte sich der Rohstoffkonzern gewerkschaftsfeindlich. Er betreibe in Kolumbien eine intransparente Geschäftsstruktur, die darauf ausgelegt sei, Steuern zu sparen und Abbaugebühren zu reduzieren.

Mehrere indigene Gemeinschaften wurden wegen der Umweltbelastung durch den Kohletagebau umgesiedelt oder stehen kurz davor.  „Es wurden uns viele Dinge versprochen, die nicht eingehalten werden“, sagte Diana Fonseca von der Gemeinschaft El Hatillo bei der Vorstellung des Schattenberichts in Bern. Sie berichtete über Wasserknappheit, Atemwegserkrankungen wegen der Feinstoffbelastung sowie über hohe Arbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven. Die fünffache Mutter, die selbst unter Asthma leidet, kam auf Einladung von ask in die Schweiz. Sie erwartet, dass den Lippenbekenntnissen der Glencore-Manager „nun auch Taten folgen“.

Man sei „im Dialog“, erklärte Glencore-Nachhaltigkeitsmanager Michael Fahrbach bei der Veranstaltung. Menschen aus ihrer gewohnten Umgebung herauszureißen, sei schwierig und belastend. Den Vorwurf einer Verzögerungstaktik wies er jedoch zurück. Die Mängelliste aus dem Schattenbericht hält er für ungerechtfertigt – insbesondere den Vorwurf, die Glencore-Unternehmensgruppe Prodeco zahle in Kolumbien keine oder kaum Steuern. Der Bericht sei „einseitig und vielen Teilen falsch“. Es stimme nicht, dass das Unternehmen die Gewerkschaften behindere. Der Organisationsgrad der Arbeiter liege mit rund 20 Prozent gar weit über dem nationalen Durchschnitt von vier Prozent. Bei der Umweltbelastung durch den Tagebau gebe es ein Monitoring für Grenzwerte, die nicht überschritten werden dürften.

Glencore-Chef reist mit Kritikern nach Kolumbien

Glencore konnte seine Replik als Anhang im Schattenbericht publizieren. PAS-Anwalt Rafael Figueroa, der bei der kolumbianischen NGO für Landrechtsfragen zuständig ist, hielt jedoch an den Vorwürfen fest. „Tatsache ist: Die Leute in den Dorfgemeinschaften sind krank – Grenzwerte hin oder her“. Bei den Recherchen zum Schattenbericht habe man sich zudem auf offizielle Quellen gestützt. Ausgewertet wurden Dokumente zu Umwelt- und Bergbaulizenzen, aus Verwaltungsverfahren oder Untersuchungen der staatlichen Kontrollbehörden. Der Menschenrechts-Anwalt verwies auf anhängige Klagen des kolumbianischen Staates wegen mangelnder Unternehmenskontrolle oder Missachtung von Umweltvorschriften. „Dazu haben wir von Glencore bis heute keine Antwort erhalten.“

Aufgeschreckt worden war die Konzernspitze auch durch das Engagement einer Bürgerbewegung im Kanton Zürich, wo Glencore-CEO Ivan Glasenberg lebt. Eine Bürgergruppe setzte sich 2013 erfolgreich dafür ein, dass ein Teil der Steuermillionen, die der Glencore-Börsengang in die Gemeindekassen spülte, von den Kommunen an Hilfswerke gespendet wurde.

Damit gab sich die Gruppe aber nicht zufrieden. Sie reiste auf eigene Faust nach Kolumbien, um die Folgen des Kohleabbaus für die einheimische Bevölkerung und die Umwelt zu begutachten. Glasenberg reiste darauf gemeinsam mit Kritikern nach Kolumbien und versprach zumindest punktuelle Verbesserungen bei den Umsiedlungen.

 

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erschienen in Ausgabe 6 / 2015: Indien: Großmacht im Wartestand
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