Naturetex ist die Textilsparte der Unternehmensgruppe Sekem, eines Bio-Pionierbetriebs im ägyptischen Niltal, der zu den größten Produzenten ökologischer Lebensmittel in Afrika gehört. Die Firma produziert jährlich 850.000 Kleidungsstücke, vor allem für Babys und Kinder, sowie Heimtextilien im Wert von rund 3,5 Millionen Euro. 90 Prozent der Produktion gehen nach Deutschland und in die USA, der Rest wird an ausgewählte Boutiquen in Kairo und an einzelne Läden am Golf verkauft.
In Deutschland hat Naturetex die Alnatura-Tochter People Wear Organic als Partner gefunden, mit dem die Produkte seit den Anfängen im Jahr 1998 gemeinsam weiterentwickelt werden. Ohne diese Verbindung hätten es Ägypter kaum geschafft, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Denn vor allem zu Beginn war es schwierig, die qualitativen und ästhetischen Anforderungen auf dem europäischen Markt zu erfüllen.
Naturetex ist konsequent ökologisch von der Baumwolle bis zum fertigen Kleidungsstück. Die Baumwolle bezieht das Label von zertifizierten Bio-Baumwollbauern aus ganz Ägypten. Die Fasern werden ökologisch entkernt und versponnen sowie anschließend gestrickt oder gewebt, gefärbt und mechanisch ausgerüstet. Der Weg von den einzelnen Teilen bis zum fertigen Kleidungsstück ist kurz: Spinnerei und Weberei liegen im Umkreis von 50 Kilometern von Naturetex entfernt.
Einkommen über Mindestlohn
Ab der Entkernung werden alle weiteren Arbeitsschritte nach dem Global Organic Textile Standard (GOTS) zertifiziert, für den ökologische und soziale Kriterien eingehalten werden müssen. Überprüft wird das von unabhängigen Kontrolleuren, die die Anlagen jährlich besuchen. In der Werkhalle von Naturetex auf dem Gelände der Sekemfarm im Nildelta wird der fertige Stoff angeliefert, zugeschnitten und vernäht. Rund 250 Mitarbeiter hat die Firma zurzeit, ein Drittel sind Frauen. Die Einkommen der Näherinnen und Näher liegen deutlich über dem ägyptischen Mindestlohn.
Die Firma bietet ihnen Weiterbildungen und medizinische Versorgung sowie Kinderbetreuung an, ihre Söhne und Töchter können die Sekem-eigene Schule besuchen. „Wir wollen vor allem Frauen Anreize bieten, nach der Heirat und der Geburt der Kinder weiter berufstätig zu bleiben“, sagt Konstanze Abouleish von der Naturetex-Geschäftsleitung. Traditionell ist es in Ägypten üblich, dass junge Frauen nach der Heirat zu Hause bleiben. Das ändert sich langsam und Mitarbeiterinnen kommen nach einer Babypause wieder zurück an den Arbeitsplatz.
Wechselnde Modetrends setzen die Öko-Branche unter Druck
Eine gewählte Mitarbeitervertretung handelt betriebliche Belange mit der Geschäftsleitung aus. Angesichts des guten Betriebsklima ist Naturetex gut durch die turbulenten Jahre nach dem Sturz von Diktator Husni Mubarak 2011 gekommen, als viele ägyptische Unternehmen durch Streiks lahmgelegt waren.
Doch Naturetex steht auch vor Herausforderungen: Die Konkurrenz aus Fernost macht der Firma zu schaffen und auch die Geschwindigkeit, mit der die Modetrends wechseln. Der direkte Konkurrent für Naturetex in Deutschland ist „Alana“, die Bio-Marke für Textilien bei der Drogeriemarktkette dm. „Alana“-Produkte, die vor allem in Indien hergestellt werden, sind um rund 20 Prozent billiger. Der Preisdruck ist immens in der Textilbranche, zum Teil wird um Cents gefeilscht.
Autorin
Claudia Mende
ist freie Journalistin in München und ständige Korrespondentin von „welt-sichten“. www.claudia-mende.deAber auch das Tempo, mit dem die Modebranche nach Neuem verlangt, setzt die Produzenten am Nil immer wieder unter Druck. Die Kunden wollen alle zwei bis drei Monate Kleidung mit neuem Design. Bei Naturetex betrifft das mit T-Shirts die am meisten gekaufte Produktgruppe. „Mit People Wear Organic haben wir einen Partner, der nicht zu viel Druck macht“, sagt Managerin Konstanze Abouleish. Eine zeitliche Schwankung von ein bis zwei Wochen werde akzeptiert. Aber mehr auch nicht. Manchmal muss es dann ganz schnell gehen. Etwa 15 Prozent der ägyptischen Öko-Textilien müssen dann per Luftfracht nach Deutschland geflogen werden.
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