Nach einem schlechten Jahr 2013 haben die Schweizer Rüstungsunternehmen im vergangenen Jahr wieder aufgeatmet. Die Exporte stiegen um über 20 Prozent auf insgesamt 563,5 Millionen Franken; zählt man militärisch und zivil nutzbare Güter hinzu, betrug das Exportvolumen sogar über eine Milliarde Franken. Größter Kunde der Schweizer Rüstungsindustrie bleibt Deutschland, das für 187 Millionen Franken Schweizer Kriegsmaterial importiert hat – darunter gepanzerte Radfahrzeuge für gut 100 Millionen. Auf Platz zwei der Exportstatistik findet sich überraschend Indonesien. Das Land hat für über 121 Millionen Franken Fliegerabwehrsysteme inklusive Munition in der Schweiz bestellt.
Auch menschenrechtlich bedenkliche Länder erhielten Schweizer Kriegsmaterial: Nach Bahrain und in die Vereinigten Arabischen Emirate wurden Munition und Ersatzteile für Fliegerabwehrsysteme im Wert von je gut 14 Millionen Franken geliefert. Wegen relativ strenger Ausfuhrbestimmungen konnten die beiden Länder im vergangenen Jahr kein neues Kriegsmaterial bestellen. Doch seit November 2014 gelten wieder kulantere Regeln: Auf Druck der Rüstungsindustrie hatte das Parlament die Ausfuhrkriterien aufgeweicht. Demnach dürfen Kriegsmaterialexporte bewilligt werden, sofern kein „hohes Risiko“ besteht, dass das Material „zur Begehung von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird“.
Zuvor war der Verkauf von Kriegsmaterial in Länder mit systematischen und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausgeschlossen. Nun dürfen grundsätzlich und unter gewissen Voraussetzungen auch wieder Länder wie Saudi-Arabien, Pakistan oder Ägypten beliefert werden. Erste Voranfragen zu möglichen Geschäften mit kritischen Ländern wurden von den Behörden bereits meist positiv beantwortet.
„Bedrucktes Gewebe“ für Russland
Aufhorchen lässt in der Exportstatistik 2014 ein 90-Millionen-Deal mit Russland: Trotz des bewaffneten Konflikts in der Ukraine exportierte die Schweizer Rüstungsindustrie „bedrucktes Gewebe“. Dabei handelt es sich um militärisch nutzbares Hightech-Gewebe mit sogenannter Signatur-Unterdrückung, das Soldaten und Ausrüstung vor Infrarot-Suchern oder dem Radar schützt. Da dieses ein sogenanntes „besonderes Rüstungsgut“ ist, das sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden kann, unterliegt es nicht dem strengen Kriegsmaterialgesetz, sondern dem Güterkontrollgesetz.
Deutschland hat die Ausfuhr solcher Hightech-Materialien nach Russland bereits im Februar 2014 gestoppt. Die Schweiz zog erst Ende August nach. Trotzdem bewilligte das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft die Ausfuhr in zwei Tranchen noch im Oktober und im Dezember 2014, wie die „SonntagsZeitung“ aufdeckte. Als Grund gibt die Behörde an, dass der entsprechende Vertrag vor dem Verbot im August abgeschlossen worden sei. Es gelte, die Rechtssicherheit zu wahren.
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