NGOs: Der gute Ruf ist angekratzt

Journalisten berichten zunehmend kritisch über die Entwicklungshilfe und die Arbeit von NGOs. Daran sind die Hilfsorganisationen teilweise selbst schuld. Das zumindest legen die Ergebnisse einer britischen Studie nahe.

Diese Situation kennt jeder Journalist, der regelmäßig in Entwicklungsländern recherchiert: Man sitzt abends mit einem NGO-Mitarbeiter an der Hotelbar, und mit jedem Bier erfährt man ein wenig mehr, was alles nicht funktioniert in der Arbeit nichtstaatlicher Hilfsorganisationen. Alles „unter 3“, versteht sich, also nicht zitierfähig.

Der Mangel an Transparenz bei entwicklungspolitischen NGOs, ihr Unwillen, offen mit Fehlern, Überforderung und Scheitern umzugehen, ist einer der Kritikpunkte, die britische Journalisten an der Arbeit von Hilfswerken äußern. Der International Broadcasting Trust, der die Berichterstattung zu globalen Fragen begutachtet und verbessern helfen will, hat ein gutes Dutzend Medienschaffende gefragt, was sie von der nichtstaatlichen Entwicklungshilfe halten und warum ihrer Ansicht nach die Kritik daran größer wird. Die Ergebnisse der Studie beziehen sich auf die britische NGO-Landschaft, sind aber auch für die deutsche Szene aufschlussreich.

Es gebe einen zunehmenden „Appetit auf Geschichten, die die Entwicklungspolitik und die Arbeit von NGOs in Frage stellen“, heißt es in der Studie: Vorbei die Zeiten, „in denen Hilfswerke automatisch als ,die Guten‘ und jeder Kritik erhaben gesehen wurden“. Ein wichtiger Grund dafür ist laut der Studie die wachsende Kritik an der Entwicklungshilfe generell, nicht nur an der nichtstaatlichen. NGOs tragen nach Ansicht der befragten Journalisten zu dieser Kritik bei, indem sie unrealistisch hohe Ziele formulieren und sich ständig neuen Aufgaben zuwenden.

NGOs sollten ihre Rolle in der Gesellschaft überdenken

Während der Sinn längerfristig orientierter Entwicklungsarbeit in den Medien zunehmend in Frage gestellt werde, genieße unmittelbare Nothilfe insgesamt weiter einen guten Ruf – mal abgesehen von solchen Exzessen wie 2005 nach dem Tsunami oder 2010 nach dem Erdbeben in Haiti.

Zu der von den Befragten am meisten genannten Kritik speziell an NGOs gehört, dass die Organisationen oft zu groß geworden seien und wie Wirtschaftsunternehmen zu stark miteinander um Geld und Aufmerksamkeit konkurrierten. Das untergrabe ihr eigentliches Anliegen. Kleinere und auf bestimmte Aufgaben spezialisierte Organisationen seien oft überzeugender. Die Journalisten kritisieren auch die Pressemitteilungen der NGOs: Die seien meistens zu lang, nicht auf den Punkt und ohne attraktiven Aufhänger für die Themen.

Insgesamt, so die Kritik der Journalisten, sollten zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Rolle in der Gesellschaft überdenken: Wolle man eng mit den Geberregierungen kooperieren und deren Geld nehmen oder sich wieder stärker auf die eigenen Wurzeln als gesellschaftliche Alternative besinnen?

 

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erschienen in Ausgabe 3 / 2015: Nothilfe: Aus Trümmern Neues schaffen
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