Leitlinien stecken den politischen Rahmen für die Entwicklungszusammenarbeit eines Bundeslandes ab. Inhaltlich orientieren sich die bereits bestehenden Leitlinien zum Beispiel aus Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg an den Millenniumszielen und dem Leitbild von nachhaltiger Entwicklung. Daneben benennen sie einzelne Handlungsfelder wie Bildung, Wirtschaft und regionale Schwerpunkte für die internationale Zusammenarbeit.
Rheinland-Pfalz hat bereits im Jahr 2010 Leitlinien herausgegeben; nach dem Auslaufen der Millenniumsziele in diesem Jahr will sich das Bundesland in seiner Entwicklungszusammenarbeit neu aufstellen und die Leitlinien so überarbeiten, dass die Verantwortung des Nordens stärker in den Blick kommt. Das Innenministerium hat die entwicklungspolitischen Organisationen sowie Vertreter von Wirtschaft und Kirchen im Bundesland zu einer Fachtagung am 27. Februar eingeladen, auf der Arbeitsgruppen thematische Bausteine erarbeiten sollen. Diese will die Fachstelle im Innenministerium zu einem Entwurf zusammenführen, der nach erneuter Diskussion im Herbst 2015 verabschiedet werden soll.
In Schleswig-Holstein hat das Bündnis Entwicklungspolitischer Initiativen (BEI) Leitlinien angeregt und dabei den Kirchlichen Entwicklungsdienst der Nordkirche und den Städteverband Schleswig-Holstein mit ins Boot geholt. Sie werden gemeinsam einen Entwurf formulieren, der Mitte des Jahres entweder der Landesregierung übergeben oder über eine der Fraktionen im Kieler Landtag eingebracht werden soll.
Im Saarland haben die entwicklungspolitischen Organisationen aus dem Netzwerk Entwicklungspolitik im Bundesland einen Entwurf für Leitlinien erarbeitet. Seit Januar 2015 geht dieser Entwurf durch die Ministerien der Landesregierung und soll bis zum Jahresende verabschiedet sein.
In Niedersachsen geht es auch um die Agrarpolitik
Weniger offen verläuft der Prozess in Niedersachsen. Hier hat der Verband Entwicklungspolitik Leitlinien angeregt, der Entwurf wird aber in der Staatskanzlei formuliert und soll dann öffentlich diskutiert werden. Spannend wird sein, inwieweit der Bereich Agrarpolitik berücksichtigt wird. Niedersachsen ist das Zentrum der deutschen Fleischindustrie. Auch Hessen und die Hansestadt Bremen planen Leitlinien unter Mitarbeit interessierter Bürger.
Welchen Sinn haben diese zum Teil aufwendigen Verfahren? Ulrike Dausend vom Netzwerk Entwicklungspolitik im Saarland hält es für wichtig, dass die entwicklungspolitischen Organisationen mit der Landesregierung in Dialog treten. Man habe dann ein Papier, auf das sich alle Akteure beziehen könnten, wenn Entscheidungen anstehen. Sobald es ein offizielles Dokument zur Entwicklungszusammenarbeit gibt, werde nachgefragt, welche Ergebnisse tatsächlich erzielt wurden, sagt Dausend. Brandenburg hat zum Beispiel mit seinen Leitlinien im Jahr 2012 einen jährlichen Runden Tisch für den Austausch über die Entwicklungszusammenarbeit in dem Bundesland etabliert.
140.000 Euro für den Online-Dialog der Zukunftscharta
Auf Online-Befragungen will keines der Bundesländer zurückgreifen. Die Kosten seien relativ hoch, ein eigenes Budget dafür nicht vorhanden, sagt Inga Steffen von der Staatskanzlei in Niedersachsen. Außerdem sei das Internet nicht ausschlaggebend für die inhaltliche Qualität der Entscheidungsfindung.
Nordrhein-Westfalen hatte seine Bürger im Jahr 2011 aufgerufen, online an den Leitlinien mitzuarbeiten. Mit rund 1500 Kommentaren hatten sich Interessierte aus der Zivilgesellschaft an der neuen Eine-Welt-Strategie des Landes beteiligt. Auch an der Formulierung der Zukunftscharta des Bundesentwicklungsministeriums konnten sich die Bürger per Internet einbringen. Hier gab es ebenfalls rund 1500 Anmerkungen und Kommentare; der Online-Dialog für die Zukunftscharta kostete den Steuerzahler 138.000 Euro.
Die bisher breiteste Konsultation gab es in Baden-Württemberg. An den über ein Jahr lang dauernden Beratungen mit zahlreichen Fachveranstaltungen beteiligten sich rund 1500 Bürger und etwa 120 Verbände. Sie durften sogar die Endfassung der Leitlinien beschließen, die für die rot-grüne Landesregierung verbindlich ist.
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