Dirk Niebels Mütze eignete sich gut für den einen oder anderen satirischen Witz. Doch jetzt ist die Entwicklungszusammenarbeit wieder spaßfrei. Dabei ist Humor eine subversive Kraft im Kampf gegen Armut und Ungerechtigkeit.
In Heiratsanzeigen taucht der Wunsch nach Humor häufiger auf als in Stellenausschreibungen von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit. Diese fordern Fachkompetenz, internationale Erfahrungen, Sprachkenntnisse, Belastbarkeit und Flexibilität – Kriterien, wie man sie von vielen anderen Berufen auch kennt.
Die Anzeige der Kindernothilfe, die im August 2002 mein Interesse weckte, machte da keine Ausnahme. Aber am Schluss stand, man solle Humor mitbringen. Das sprach mich besonders an. Sicher hätte mich diese Stelle auch interessiert, wenn dieser Hinweis gefehlt hätte. Aber genau der entsprach meinen bisherigen Erfahrungen.
Autor
Jürgen Thiesbonenkamp
war bis 2014 Vorstandsvorsitzender der Kindernothilfe in Duisburg.Doch besonders im Blick auf die Arbeitsgebiete, die durch Hunger und Gewalt gezeichnet sind, hilft der Humor zum Überleben. Denn im Humor liegt die Kraft, das viele Leid zu ertragen, statt daran zu zerbrechen. Lachen ist eine subversive Kraft, die hilft, sich nicht unterkriegen zu lassen. Humor ist der Sauerstoff, der Herz und Verstand den langem Atem gibt, den wir brauchen, um Armut und Ungerechtigkeit zu überwinden.
Es ist schade, dass die Entwicklungspolitik eher ein Randthema bei Comedians und Kabarettisten ist. Dirk Niebels Mütze bot einst einen Blickfang für die eine oder andere Satire, aber nun sind wir wieder im humorfreien Zustand angelangt. Seit den Anfängen der Entwicklungshilfe in den 1950er Jahren bis zur heutigen Entwicklungszusammenarbeit sind wir sehr erwachsen geworden. Den Satz von Eckart von Hirschhausen „Ein Kind lacht 400 Mal am Tag, ein Erwachsener 20 Mal und ein Toter gar nicht“ können wir durchaus auf uns beziehen. Ach, wären es doch noch die 20 Mal!
Sicher wird auch bei uns gelacht, selbst auf Venro-Mitgliederversammlungen soll das schon vorgekommen sein. Dennoch: Trotz der starken Präsenz großer Werke der Entwicklungszusammenarbeit in Städten des Rheinlands ist der Humor nicht das, was man mit diesem Arbeitsfeld verbindet. Der Ernst unserer Themen lässt einem ja manchmal auch das Lachen im Halse stecken.
Lachen ist manchmal die beste Medizin
Aber was schon schwer genug ist, machen wir durch die Art unserer Bearbeitung oft noch erdenschwerer. Auch uns könnte in allem unserem Bemühen um gute Lösungen der therapeutische Hinweis manchmal weiterhelfen, dass Lachen die beste Medizin sei. Sicher, so wie Lachen zwar keine Blinddarmoperation ersetzt, aber Clowns in Krankenhäusern bei der Heilung helfen – und das nicht nur auf Kinderstationen –, so kann es unserer Arbeit gut tun, wenn wir in aller programmatischen Gründlichkeit auch der Leidenschaft, der Lebensfreude und dem Humor der Menschen in den Projekten einen Platz einräumten. Denn nicht selten ist es so, dass die, die eigentlich nichts zu lachen hätten, gerade deshalb am meisten lachen. Und selten kommt dies als Galgenhumor oder gar Zynismus daher.
Wenn der Humor in Zynismus umschlägt und darin verdirbt, wird das Lachen zum Hohngelächter. Niemand ist davor gefeit, seinen Enttäuschungen und Misserfolgen auch in der einen oder anderen zynischen Bemerkung Raum zu geben, um sich Luft zu verschaffen. Gefährlich wird es, wenn dies zu einer Haltung gefriert und selbst als schwarzer Humor kaum mehr erkennbar ist. In meinen Jahren in Kamerun erinnere ich mich an manche Gespräche, in denen ich beides erlebt habe. Davor bleiben wir bewahrt, solange wir über uns selbst lachen können. Zu oft verbeißen wir uns in Themen und Überzeugungen und wundern uns Jahre später über die Gnadenlosigkeit, mit der wir sie einst vertreten und verfolgt haben. Humor und eine Prise Selbstironie können dem manche Spitze nehmen.
Auch „welt-sichten“ öffnet mit jeder Ausgabe auf der Seite Sechs dem Humor ein kleines Fenster durch die Karikaturen und die Spalte „Reife Leistung“, wo es auch schon mal etwas zum Schmunzeln gibt. Auch im Herausgeberkreis ging es bisweilen fröhlich zu. Gerne denke ich an alle Sitzungen zurück und verabschiede mich durch den Eintritt in den Ruhestand mit einem weinenden, aber eigentlich mit zwei lachenden Augen.
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