Am 15. Dezember 2013 platzte im Südsudan ein ambitionierter Traum: der Traum, in einer von Kriegen gebeutelten Region in Afrika könne ein neuer, demokratischer Staat geschaffen werden. Seitdem herrscht ein brutaler Bürgerkrieg in dem Land. Tötungen, Massenerschießungen und Lynchjustiz sind an der Tagesordnung, die humanitäre Situation ist katastrophal. Die Opfer sind meist Zivilisten. Auch Nuba aus dem Nordsudan, die wegen des Krieges in ihrer Heimat in den Südsudan geflüchtet waren, finden sich zwischen allen Fronten. Südsudanesen – gerade erst aus dem Exil zurück oder noch auf dem Weg – mussten erneut fliehen.
Autorin
Claudia Warning
leitet den Vorstandsbereich „Internationale Programme und Inlandsförderung“ von Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst.Warum kommt diese Region nicht zur Ruhe? Wird hier ein Machtkampf zwischen dem Präsidenten Salva Kiir Mayardit und seinem ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar Teny auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen? Oder ist es doch eher ein ethnisch motivierter Krieg zwischen den nilotischen Völkern der Dinka (Kiir) und der Nuer (Machar)?
Beide Erklärungen greifen zu kurz. So überraschend Zeitpunkt und Heftigkeit des Gewaltausbruchs für manche auch gewesen sein mögen, die Entwicklung war vorhersehbar. Aber die internationale Gemeinschaft ignorierte die Spannungen im Südsudan und konzentrierte sich darauf, einen befürchteten zwischenstaatlichen Konflikt mit dem Sudan zu verhindern.
Alle Interessengruppen müssen an Friedensverhandlungen beteiligt werden. Auch die, die noch nicht zu den Waffen gegriffen haben
Versöhnung sowohl zwischen den beiden Ländern als auch innerhalb ihrer Gesellschaften wurde vernachlässigt. Die Gründe für die andauernden Konflikte sind darum vielfältig: Sicherheitsprobleme, ein fest zementiertes Patronage-System, die Verfügbarkeit von Waffen und eine große Zahl arbeits- und perspektivloser junger Männer gehören ebenso dazu wie die ungleiche Verteilung von Reichtum, von politischer Teilhabe und von Entwicklungschancen.
Der Kriegsausbruch im Südsudan war auch für die Kirchen ein äußerst schmerzlicher Weckruf. Für die Menschen in diesem noch so jungen und schon so zerrissenen Land und die internationale Gemeinschaft sind sie der wichtigste Hoffnungsträger. Viele der neuen Kirchenleitenden sind sich ihrer Verantwortung und der Versäumnisse der vergangenen Jahre bewusst.
Sie nehmen die Aufgabe als neutrale Vermittler an – wissend, dass dies ein langer und schwieriger Weg wird. Sie brauchen jede mögliche Unterstützung und Solidarität. Besonders wichtig ist dabei eine eng abgestimmte ökumenische Zusammenarbeit.
Der südsudanesische ökumenische Kirchenrat – nach der Staatsgründung aus dem vormals gemeinsamen sudanesischen Kirchenrat entstanden – ist noch schwach. Seit dem Ende des Bürgerkriegs 2005 haben sich die Kirchen vornehmlich mit Problemen in ihren Gemeinden und Strukturen befasst. Zudem gab es personelle Veränderungen in den Kirchenleitungen: Viele, die sich schon während des Bürgerkriegs von 1983 bis 2005 für Frieden engagiert und politische Positionen erarbeitet hatten, sind nicht mehr dabei.
Aber anders als noch während des sudanesischen Bürgerkriegs haben die Kirchen heute direkten Zugang zu den Friedensverhandlungen zwischen den südsudanesischen Konfliktparteien. Im ersten Schritt ist es notwendig, auf allen Seiten Vertrauen in die Vermittlungsarbeit aufzubauen, denn dies ist die Voraussetzung dafür, dass der Waffenstillstand eingehalten wird.
Dann gilt es zu verhindern, dass wieder nur einige der bewaffneten Parteien verhandeln. Es müssen alle Interessengruppen beteiligt werden, auch die, die noch nicht zu den Waffen gegriffen haben. Es gilt, in einem umfassenden nationalen Dialog Versäumnisse und Fehler aller Seiten aufzuarbeiten sowie gemeinsame Vorhaben für die Zukunft zu vereinbaren.
Und schließlich gilt es, einen Weg der Versöhnung zu unterstützen, der den Umgang mit den neuen schweren Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen nicht außen vor lässt.
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