EKD: Militäreinsätze brauchen ein politisches Mandat

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zieht eine kritische Bilanz des Militäreinsatzes in Afghanistan. Von Frieden am Hindukusch „kann nicht die Rede sein“, heißt es in einer Stellungnahme der EKD-Kammer für öffentliche Verantwortung. Von Beginn an hätten klare zivile Ziele gefehlt.

Der neue Text „Selig sind die Friedfertigen“ prüft, inwieweit der Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch dem Leitbild der evangelischen Friedensethik entspricht. „Wir reden nicht mehr vom gerechten Krieg, wir reden vom gerechten Frieden“, betonte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider bei der Vorstellung der Stellungnahme in Berlin. Im Raum stand dabei weiter die Aussage der früheren EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann „Nichts ist gut in Afghanistan“ von vor vier Jahren, mit der sie den Vorrang von Waffengewalt vor friedlicher Konfliktbewältigung kritisiert hatte.

Auch nach Einschätzung des früheren Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier, der die Kammerberatungen geleitet hat, ist der auslaufende Militäreinsatz von „gravierenden Defiziten“ gekennzeichnet. Es sei nur unzureichend gelungen, die Bevölkerung zu schützen, Not zu lindern und eine rechtstaatliche Ordnung aufzubauen. „Nur Recht schafft Frieden“, sagte Papier. Der Rat sei zu der Einschätzung gelangt, dass Käßmanns Worte differenziert betrachtet werden müssten, aber „nicht weit von der Realität entfernt sind“.

Die EKD fordert eine „schlüssige Exitstrategie“

Aus der Analyse der Fehler in Afghanistan leitet die EKD eine Forderung ab, die perspektivisch auch für weitere Auslandseinsätze Deutschlands gelten soll: Nicht nur militärische Mittel sollten künftig vom Bundestag gebilligt werden müssen. Stattdessen müsse von Beginn an eine zivile Aufbaustrategie „in ein konzises friedens- und sicherheitspolitisches Gesamtkonzept“ eingebettet, vom Bundestag debattiert und zusammen mit dem Militäreinsatz mandatiert werden, sagte Papier. Der Einsatz des Militärs müsse an seinem „Beitrag zu politischen Zielen gemessen werden“. Zu einem politischen Mandat gehöre außerdem „eine durchdachte und schlüssige Exit-Strategie“ – und zwar jedes Mal, wenn Bundeswehrsoldaten ins Ausland geschickt würden, wie zuletzt nach Mali.

Auch der EKD-Ratsvorsitzende Schneider betonte, das Parlament müsse mehr in die Friedenspflicht eingebracht werden. Erforderlich sei unter anderem ein Finanzrahmen für zivile Hilfe, damit Hilfsorganisationen nicht für jedes Projekt bei den Ministerien anklopfen müssten. 

Die EKD-Kammer war sich nicht in allen Punkten einig

Der EKD-Kammer für öffentliche Verantwortung unter Vorsitz von Hans-Jürgen Papier gehören Theologen, Politiker, Militärs und Wissenschaftler an. Papier und Schneider räumten ein, dass es in der Kammer durchaus Differenzen gegeben habe – etwa in der Bewertung der Legitimität der internationalen Schutztruppe ISAF nach geltendem Völkerrecht und insbesondere des US-geführten Antiterror-Einsatzes Operation Enduring Freedom, der viele zivile Opfer in der Bevölkerung gefordert hat. Von einer Spaltung könne aber keine Rede sein.

Auch sei die Debatte nicht abgeschlossen. So müsse insbesondere der Einsatz von Drohnen kritisch diskutiert werden. „Wenn Verantwortung delegiert wird an Algorithmen, die sich verselbstständigen, wie weit kann man da noch von Verantwortung reden?“, fragte Schneider.

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erschienen in Ausgabe 3 / 2014: Medizin: Auf die Dosis kommt es an
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