Deutschland ist ein säkularer Staat. Ob jemand getauft ist, sollte bei einem Asylverfahren keine Rolle spielen. Doch wenn sich ein Flüchtling aus einem Land, in dem Christen verfolgt werden, erst in Deutschland taufen lässt, stellt sich für die Behörden die Frage, ob das aus echter Überzeugung geschieht oder nur, um im Asylverfahren bessere Karten zu haben. Pfarrer wiederum sind beauftragt, Menschen, die Christen werden wollen, ohne Ansehen der Person zu taufen.
Doch was tun, wenn jemand um die Taufe bittet, weil demnächst sein Asylantrag verhandelt werden soll? Der Verein der zum Christentum konvertierten Moslems in Oberhausen geht sogar so weit, dass er auf Asylsuchende zugeht und ihnen eine rasche Taufe anbietet. Die Freikirche veröffentlicht sofort den Namen im Internet – quasi als öffentliches Bekenntnis zum Christentum.
Für die Behörden handelt es sich dabei um einen „Missbrauch“ der Taufe. Wann die Taufe missbraucht wird, ist für Thorsten Leißer, Referent für Menschenrechtsfragen bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), aber keine Frage für Behörden. „Die Taufe ist ein verbrieftes Selbstbestimmungsrecht der Kirche“, sagt er. Einen allzu laxen Umgang damit sieht aber auch er kritisch. „Taufe ist keine billige Gnade.“
Damit dies nach innen und nach außen eindeutig kommuniziert wird, hat die EKD nun zusammen mit der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) eine Handreichung mit dem sperrigen Titel „Zum Umgang mit Taufbegehren von Asylsuchenden“ herausgegeben.
Was bedeutet die Taufe für das Asylverfahren?
Zahlen zu taufwilligen Asylsuchenden in Deutschland hat Leißer nicht. In der Nordkirche habe es in einem Zeitraum von ein bis zwei Jahren etwa 300 Fälle gegeben, sagt er. Doch egal wie hoch die Zahl sein mag, die EKD und die VEF möchten, dass die, die sich taufen lassen, vorher über die wichtigsten Fragen des christlichen Glaubens aufgeklärt werden, wenn nötig mit Hilfe eines Übersetzers. Und die, die taufen, sollen wissen, welche Fragen sich durch die Taufe in einem Asylverfahren ergeben und wie sie Asylsuchenden sonst helfen können. Dafür werden Ansprechpartner in den Landes- und Freikirchen genannt.
Unter den taufwilligen Asylsuchenden sind viele Muslime. Fallbeispiele aus dem Iran und aus Afghanistan zeigen, dass sie bei der Handreichung mit im Blick sind. So wird erwähnt, dass Muslime ein Risiko eingehen, wenn sie sich taufen lassen – nach konservativer Lesart der Scharia kann dies in einigen Ländern sogar die Todesstrafe bedeuten. Die islamischen Verbände wurden bei der Erarbeitung der Handreichung allerdings nicht eingebunden. „Warum auch?“, fragt Leißer. In Deutschland herrsche Religionsfreiheit. „Wir haben gute Kontakte zu den muslimischen Vertretern und setzen uns für Religionsfreiheit in anderen Ländern ein“, fügt er hinzu.
Auch Heinrich Georg Rothe, Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, glaubt nicht, dass die EKD-Handreichung ein Problem für die in Deutschland lebenden Muslime darstellen könnte. „Unter Muslimen in Deutschland ist es weitreichend bekannt, dass es immer wieder Taufen gibt, insbesondere bei Menschen mit iranischem Migrationshintergrund.“ Eine Konversion werde in der Regel akzeptiert, auch wenn man sie bedauere, sagt Rothe und verweist auf eine Reihe von Bekenntnissen der islamischen Verbände zur Religionsfreiheit.
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