Dagmar Wöhrl: „Werde meine Unabhängigkeit bewahren“

Parteifreundin kontrolliert Parteifreund. Die Leitung im Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit (AWZ) bleibt bei der CSU, während nun auch das Ministerium in der Hand der Bayernpartei ist. Die Vorsitzende Dagmar Wöhrl beansprucht aber eine eigene Agenda für sich – unter anderem zur Digitalisierung.

Auch dem CDU-Ressort für Verteidigung und dem SPD-geführten Arbeitsministerium stehen im Bundestag jeweils eine schwarze beziehungsweise rote Ausschussführung gegenüber. Das ist nicht im Sinne der Erfinder, kritisierte vor allem die Linke. Denn es ist im Parlament langjährige Praxis, dass der Chefposten in den Ausschüssen „gespiegelt“ wird, damit die wichtige wechselseitige Kontrollfunktion von Regierung und Parlament nicht untergraben wird.

Andere Schwerpunkte als der Entwicklungsminister

Dagmar Wöhrl will sich indes nicht vereinnahmen lassen. Sie spricht lieber von gegenseitiger „Ergänzung“. Im Gespräch mit „welt-sichten“ gelobt sie: „Meine Unabhängigkeit als Ausschussvorsitzende werde ich mir während der nächsten vier Jahre bewahren.“ Zum einen setze sie sich in ihrer Arbeit „ganz andere Schwerpunkte als unser Entwicklungsminister“. Zum anderen werde der Ausschuss die bewährte Regel fortführen, dass während der Sitzungen „der Minister oder ein Staatssekretär Rede und Antwort stehen“. Außerdem liege die Haushaltshoheit beim Parlament, betont sie. Will heißen: Der Ausschuss habe Einfluss auf die Schwerpunkte, die im Ministerium gesetzt werden.

Einen ihrer „ganz anderen Schwerpunkte“ setzt Wöhrl im Bereich der neuen Medien. Noch im November hatte sie per Twitter-Nachricht bedauert, dass eine ihr wichtige Passage aus dem Koalitionsvertrag herausgefallen war. „Ein Fokus soll auch auf die entwicklungsorientierte Nutzung neuer Medien durch die Menschen in Entwicklungsländern gelegt werden“, war noch im Entwurf im entsprechenden Kapitel zu lesen. Nun legt die CSU-Politikerin nach: Ihr sei wichtig, in der Entwicklungszusammenarbeit „gegebenenfalls auch neue Wege“ zu gehen: „Ich denke da ganz speziell an die verstärkte Integration der Digitalisierung in unsere Projekte vor Ort.“

Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik könnten sich ein Beispiel daran nehmen, wie in Afrika „lokale Lösungen auf lokale Probleme entwickelt werden, sei es im Mobile Banking oder Mobile Health“ – und sich besser abstimmen.

Die Potenziale von Handy und Internet besser nutzen

„Bei derzeit 800 Millionen genutzten Handys in Afrika, die beim Bezahlen von Rechnungen, bei der Übermittlung von Marktpreisen und bei der überregionalen Warnung vor Krankheiten oder für die Aids-Prävention zum Einsatz kommen können, müssen wir die Potenziale von Handy, Internet und Co. für unsere Projekte vor Ort unbedingt noch stärker nutzen“, sagt Wöhrl. Die Ausschussvorsitzende will das Thema bei den Beratungen der Industrieländergruppe G8 platzieren, in der Deutschland 2015 den Vorsitz führt. Wöhrl möchte, dass Entwicklungspolitik ganz oben auf der G8-Agenda steht.

Im Kampf gegen Hunger und Armut auf der Welt will Wöhrl in der Ausschussarbeit auch breiten Raum für die Weiterentwicklung der Millenniumsziele im Rahmen der Post-2015-Agenda geben. Zu dem Prozess würden wie schon im April 2013 verschiedene Fachpolitiker und Experten zum Meinungsaustausch eingeladen, kündigt sie an.

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erschienen in Ausgabe 3 / 2014: Medizin: Auf die Dosis kommt es an
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