(10.1.2014) Die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks „Brot für die Welt“, Cornelia Füllkrug-Weitzel, lobt den SPD-Politiker Sascha Raabe für seinen „Mut, sich möglicherweise in der Partei unliebsam zu machen, um dadurch eine klärende Debatte auszulösen, wie ernst die SPD es eigentlich mit ihrem Bekenntnis zur Entwicklungspolitik nimmt“. Raabe hatte in einem offenen Brief seine Enttäuschung geäußert, dass sich die SPD-Spitze in den Koalitionsverhandlungen gegen eine deutliche Erhöhung der Entwicklungshilfe in der kommenden Legislaturperiode ausgesprochen habe. Als Konsequenz verzichtet er auf den Posten des entwicklungspolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, den er seit 2005 innehatte.
Cornelia Füllkrug-Weitzel war von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück als mögliche Entwicklungsministerin in das SPD-Kompetenzteam geholt worden. Nach der Bundestagswahl im September hatte sie sich zusammen mit Raabe in den Koalitionsverhandlungen für die Forderung aus dem SPD-Wahlprogramm stark gemacht, die Entwicklungshilfe bis 2017 jährlich um eine Milliarde Euro zu erhöhen. Raabe schreibt in seinem Brief, er wisse, dass die Forderung nach deutlich mehr Geld „nicht an Angela Merkel, sondern an der SPD gescheitert ist“.
„Das Hemd näher als die Hose“
Füllkrug-Weitzel erklärte auf Anfrage, mit dem Beschluss des SPD-Parteiprogramms und ihrer Berufung ins Kompetenzteam habe die SPD „das Signal gegeben, dass Entwicklungspolitik als Impulsgeber und ‚Wächter‘ sozialer und gerechter Gestaltung internationaler Beziehungen nicht nur zum Erbe, sondern auch zum heutigen Profil der SPD gehört“. Andererseits sei das Thema im Wahlkampf weit nach hinten gestellt worden: Seit dem Ausscheiden der früheren Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul aus dem Parteivorstand sei das Politikfeld nicht mehr profiliert vertreten; bei den Finanzverhandlungen in der großen Koalition sei der SPD-Führungsspitze – anders als der Kanzlerin – „das Hemd näher als die Hose“ gewesen.
Füllkrug-Weitzel kritisiert auch, dass die Parteispitze sich nicht um das Entwicklungsministerium bemüht habe: „Die Union musste nicht darum kämpfen und hatte auch einen Minister bereit, dessen Herz für die Entwicklungspolitik schlägt – Glückwunsch an die CSU!“
Die SPD-Parteibasis sei „keineswegs in dem Maße am Thema uninteressiert, wie einige in der Parteiführung es unterstellen“, schreibt Füllkrug-Weitzel. „Sie könnten es aber auf Dauer werden, wenn die SPD sich nicht ihres Erbes und der Zukunftsfragen besinnt, sondern die – unter Niebel kräftig geförderte – Ignoranz der Öffentlichkeit noch mit pflegen hilft.“ Die Kirchen wünschten sich in allen Parteien engagierte Mitkämpfer für entwicklungspolitische Anliegen. Die SPD habe Hoffnungen geweckt. „Viele in der SPD, in den Gewerkschaften, in den Kirchen und in der NGO-Szene halten darum nun eine programmatische Debatte in der SPD für fällig.“ Es müsse darum gehen, wie das Erbe Willy Brandts in Zeiten des Klimawandels, zunehmend umkämpfter natürlicher Ressourcen, weltweiter Korruption und kollabierender Staaten in zukunftsweisende Politik übersetzt werden könne.
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