Jeder achte Mensch auf unserem Planeten leidet Hunger. Unter den 19 Schlusslichtern des jüngsten Welthungerindex – also jenen Ländern, in denen die Lage gravierend oder sehr ernst ist – verharren 15 Länder Subsahara-Afrikas. Darunter sind fünf, deren Volkswirtschaften zu den am schnellsten wachsenden der Welt gehören. Immerhin: In den Boomländern Äthiopien, Mosambik und Ghana sinkt die Zahl der Unterernährten. Und außer in Südasien ist die Mangelernährung in Asien ebenso wie in Lateinamerika, „weitgehend eingeschränkt“, sagt Bärbel Dieckmann, die Präsidentin der Welthungerhilfe, die den jährlichen Welthungerindex mit dem Washingtoner Forschungsinstitut für Ernährungspolitik IFPRI gemeinsam herausgibt. Im Kampf gegen den Hunger sollten laut dem Bericht besonders jene in ihrem Überlebenskampf gestärkt werden, die durch wiederkehrende Naturkatastrophen oder Bürgerkriege geschwächt sind; die Vorsorge müsse größeren Stellenwert erhalten.
NGOs: Die G8-Initiative hilft vor allem der Industrie
In ihrem Jahrbuch zum Menschenrecht auf Nahrung 2013 zeigen „Brot für die Welt“ und die Menschenrechtsorganisation Fian kritisch auf große Privatinvestoren, die ihren Einfluss auf schwache Regierungen in Entwicklungsländern verstärkten. Ackerland und Saatgut werde zunehmend zur Ware in den Händen Weniger, während die Landbevölkerung oft ihre Lebensgrundlagen verliere.
Die Neue Allianz für Ernährungssicherheit in Afrika, die die G8-Industriestaaten im Mai 2012 in Partnerschaft mit Privatunternehmen und der Gates-Stiftung ins Leben gerufen haben, ignoriert nach Ansicht der beiden Organisationen das Recht auf Nahrung. Die G8 mache sich zum Handlanger großer Saatgut- und Düngemittelkonzerne wie Monsanto, Bayer und BASF, die sich im Bund mit schwachen afrikanischen Regierungen Absatzmärkte sicherten. Der Bevölkerung werde ein Recht auf Mitbestimmung dabei verwehrt. „Hier werden Interessenkonflikte tabuisiert“, klagt Bernhard Walter, Ernährungsexperte von „Brot für die Welt“.
Autorin
Marina Zapf
ist Berlin-Korrespondentin von „welt-sichten“.Kritik äußern Fian und „Brot für die Welt“ auch an der Welternährungsorganisation FAO. Die vermeintlich gute Nachricht, dass die Zahl der Hungernden seit 2012 um 26 Millionen auf 842 Millionen Menschen gesunken sei, müsse „differenziert betrachtet“ werden, sagt Fian-Experte Roman Herre. Der Rückgang sei vor allem der neuen Berechnungsmethode der FAO geschuldet. So gehe die Organisation von einem geringeren Kalorienbedarf aus als bisher, weil neue Daten zeigten, dass die Menschen durchschnittlich kleiner seien als angenommen.
Zudem beachte die FAO die Effekte steigender Nahrungsmittelpreise nicht genug, sagt Herre. Erfasst werde nur, wer ein Jahr lang ununterbrochen gehungert habe. „Menschen, die durch extreme Wetterereignisse ihre Ernte und damit ihre Ernährungsgrundlage für Monate verlieren, fallen durchs Raster“, sagt Herre. Offensichtlich stehe die FAO unter Legitimationsdruck und „versucht, sich in eine besseres Licht zu rücken“, meint auch Bernhard Walter von „Brot für die Welt“. Fortschritte bei der Hungerbekämpfung haben vor allem China, Vietnam und Thailand gemacht. Im südlichen Asien sowie in Afrika indes ist der Anteil der Hungernden gestiegen. Das lässt sich auch den Statistiken der FAO entnehmen.
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