Schützen vor dem Zwang zur Ehe

Trotz eines gesetzlichen Verbotes werden in der Schweiz noch immer viele Frauen zur Ehe gezwungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Neuenburg. Justizministerin Simonetta Sommaruga plant nun, den Schutz für bedrohte Frauen zu verbessern.

Erst vor wenigen Monaten hat das Schweizer Parlament ein Gesetz verabschiedet, um Zwangsheiraten zu verhindern. Danach sind erzwungene Ehen ungültig. Wer jemanden zu einer Ehe nötigt, riskiert eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Laut der Studie sind Zwangs­ehen in der Schweiz trotz des gesetzlichen Verbotes an der Tagesordnung. In den vergangenen zwei Jahren seien mindestens 1400 junge Frauen von ihrer Familie unter Druck gesetzt worden, zu heiraten, eine selbst gewählt Liebesbeziehung zu beenden oder auf eine Scheidung zu verzichten. In 348 Fällen habe es sich um eine Zwangsheirat gehandelt.

Die Zahlen beruhen laut den Autorinnen der Studie unter anderem auf Angaben von Frauenhäusern. Es handele sich um Schätzungen, genauere Angaben seien wegen der hohen Dunkelziffer unmöglich, erklärten sie bei der Vorstellung der Studie Ende August in Bern. Zwangsheiraten und verbotene Liebesbeziehungen betreffen vor allem junge Frauen ausländischer Herkunft zwischen 18 und 25 Jahren. Die meisten stammen aus den Bal­kanländern, aus der Türkei und aus Sri Lanka, sind jedoch in der Schweiz geboren. In der Mehrzahl haben sie einen Arbeitsplatz oder zumindest eine Ausbildung absolviert.

Justizministerin plant mehr Plätze in Frauenhäusern

Auf Scheidungen verzichten müssen vor allem über 25-jährige, im Ausland geborene Frauen, die wirtschaftlich von ihrem Ehemann abhängig sind und deren Aufenthaltsstatus unsicher ist. 80 Prozent von ihnen verfügen nicht über die Schweizer Staatsbürgerschaft. In diesen Fällen wird laut der Studie auch am meisten psychische und physische Gewalt angewendet. Die Forscherinnen empfehlen, Zwangsheiraten künftig als Formen der häuslichen Gewalt zu behandeln. Sie kritisieren auch, dass viele Frauen wegen der Aufenthaltsbewilligung auf eine Ehe angewiesen sind. Justizministerin Sommaruga will aufgrund dieser Ergebnisse mehr Plätze in Frauenhäusern zur Verfügung zu stellen und die Prävention verbessern. Für die Vorhaben stehen in den nächsten fünf Jahren zwei Millionen Franken (1,64 Millionen Euro) zur Verfügung. 

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erschienen in Ausgabe 10 / 2012: Spuren des Terrors
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