In Lanet Umoja in der kenianischen Provinz Rift Valley wird getwittert, was das Zeug hält. Vor einem Jahr hat sich Chief Francis Kariuki von dem einheimischen IT-Experten Njoha Gathua den Twitter-Account @chiefkariuki einrichten lassen – als Alarmsystem gegen die ausufernde Kriminalität. Inzwischen hat sich der Kurznachrichtendienst zu einem vielfältig genutzten kommunalen Kommunikationsnetzwerk entwickelt. „In meinem Ort habe ich jetzt die Kriminalität und das illegale Bierbrauen im Griff“, sagt der Chief stolz. „Mit Autodiebstählen, Straßenüberfällen und Einbrüchen ist endlich Schluss.“
Lanet Umoja ist das erste halbstädtische Gebiet Kenias, das mit Hilfe eines modernen sozialen Kommunikationssystems auf Verbrecherjagd geht. „Mit den Kurznachrichten können Chief Kariuki und seine Helfer die Menschen schnell erreichen“, sagt IT-Fachmann Gathua. Zunächst wollte Kariuki Twitter nur dazu nutzen, die Dorfbewohner in der Umgebung vor Verbrechen zu warnen. Inzwischen haben mehr als 15.000 der insgesamt 28.000 Bewohner von Lanet Umoja Tweets vom Chief erhalten, darunter Dorfälteste, kommunale und Kirchenführer, die Polizei, Schuldirektoren sowie Frauen- und Jugendgruppen.
Vermisste werden gefunden
Auch wenn nur wenige Menschen ein Handy mit Internetzugang besitzen, funktioniert der Notruf über Twitter. Wer Opfer oder Augenzeuge eines Übergriffs wird, beschreibt Kariuki in einer SMS in Suaheli oder Englisch den Ort und den Hergang der Tat. Ein lokaler Server sorgt für die Übermittlung auf Kariukis Twitter-Account, der die Gemeinde in Sekundenschnelle informiert. Diese wird unverzüglich aktiv.
„Wenn wir von einem Raubüberfall erfahren, machen wir uns auf den Weg zum Ort des Verbrechens. Andere blockieren die Straßen, vor allem bei Auto- oder Viehdiebstählen“, berichtet der Dorfälteste David Waweru. Aber auch Vermisste werden auf diese Weise gefunden, wie der Junge, der sich auf dem Heimweg von der Schule im Dunkeln verlaufen hatte. Ein Mann, der nachts in eine tiefe Sickergrube gestürzt war und seinen Dorfältesten um Hilfe bat, konnte nach fünf Stunden gefunden werden. „Er lebt“, twitterte Kariuki später.
„Früher wagte sich nach Sonnenuntergang niemand mehr auf die Straße“, stellte Geoffrey Mbuthia aus Lanet Umoja fest. „Doch seit der Chief Twitter installiert hat, haben wir keine Probleme mehr.“ Inzwischen verbreitet Kariuki über Twitter auch Lokalnachrichten, lädt zu Zusammenkünften in den Gemeinden ein und versorgt die Einheimischen mit erbaulichen Sprüchen.
Der Mathematikprofessor James Gatoto, Direktor des Stadtcampus von Nakuru der Kenyatta-Universität, begrüßt Karikus Initiative als nützliche Innovation. „Kenia braucht solche Medien, um für ein friedliches Miteinander der verschiedenen Gemeinschaften zu werben“, meint er. Allerdings dürften die über Twitter verbreiteten Informationen nicht ungeprüft bleiben, damit sie nicht zur Verbreitung von Hass missbraucht würden. Eine Wiederholung der gewaltsamen Auseinandersetzungen, wie Kenia sie nach den Wahlen 2007/2008 erlebt habe, dürfe es nicht geben.
Daniel Sitole (IPS)
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