Winfried Nachtwei, früher Sicherheits- und Verteidigungspolitiker der Grünen im Bundestag, hält viel von besonderer Fürsorge, Aufmerksamkeit und Anerkennung für „Einsatzrückkehrer“ – im eigenen sozialen Umfeld wie auf „gesamtgesellschaftlicher Ebene“. Zu Rückkehrern zählt Nachtwei neben Soldaten und Polizisten ausdrücklich auch Entwicklungshelfer und Friedensfachkräfte.
Doch wie eine solche Anerkennung aussehen kann und wem genau sie zuteil werden soll, ist nicht einmal mit Blick auf Soldaten klar. Ein Kampfflugzeug zu fliegen ist nicht dasselbe wie der Dienst auf der Einsatzbasis in Italien, sagte Andreas Timmermann-Levanas vom neu gegründeten Bund Deutscher Veteranen bei einer Anhörung der Bundestagsfraktion der Grünen zum Thema im Februar in Berlin. Zugleich tritt der ehemalige Soldat vehement für „Respekt und Hilfe“ für die mittlerweile rund 200.000 „jungen Veteranen“ und ihre Familien ein. Nur wie? Recht hilflos wirkt, wenn neben materieller Besserstellung, etwa einer Beschädigtenrente, von einem alljährlichen „Rückkehrertag“ oder gar von Dankes-Sonderbriefmarken die Rede ist.
Tom Koenigs von den Grünen lehnt den Begriff Veteranen ab
Tom Koenigs, Vorsitzender im Bundestagsausschuss für Menschenrechte, kann schon mit dem Begriff des Veteranen nichts anfangen. Er habe etwas „Schwüles“, weil historisch stark Belastetes. Und Entwicklungshelfer waren sich bei der Anhörung weitgehend einig, dass sie mit einem Veteranenbonus nichts zu tun haben wollen. Viele Helfer fühlen sich schon im Einsatz nicht wohl, wenn nicht klar zwischen militärischen und zivilen Aufgaben unterschieden oder beides sogar vermischt wird. „Entwicklungshelfer sind keine Soldaten“, sagt etwa Jürgen Deile von Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst.
Anerkennung gebühre auch ihnen, findet Deile gleichwohl. Wie die Militärs klagt er, die eigene Arbeit werde hierzulande nicht genügend wahrgenommen. Was Wolfgang Schmitt, bis 2009 Geschäftsführer der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (heute GIZ), ganz anders sieht: „Niemand aus diesem Kreis hat je nach politischer Anerkennung gefragt.“ Ein vergleichbares „Rückkehrer-Problem“ wie bei Soldaten, die häufig traumatisiert und teils verwundet nach Hause kommen, sieht Schmitt bei den Entwicklungshelfern nicht. Die Gefährdung sei geringer – und ihr Ansehen steige nach Auslandseinsätzen ganz von selbst. Wichtiger als irgendwelche Rückkehrersymbolik seien ordentliche Arbeitsverträge und eine ausreichende Sozialversicherung – Dinge, an denen es Staatsangestellten wie Soldaten oder Polizisten nicht fehlt.
Eine klare Trennlinie nicht nur zu militärischem Engagement, sondern auch zu regierungsamtlichen Danksagungen forderte in Berlin auch eine Vertreterin der nichtstaatlichen Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen: Wenn Hilfe, dann bitte weniger bürokratische Hürden – und wenn Anerkennung, dann dafür, „dass wir ohne Regierungsauftrag arbeiten“.
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