Für die Zukunft der AFP gibt es zwei mögliche Szenarien, wie AFP-Vorstandsmitglied und SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer sagt: „Entweder stellen wir einen neuen Geschäftsführer an oder wir lösen die AFP auf und übergeben zumindest einen Teil der Dossiers an eine andere Organisation.“ Gemäss Leutenegger ist die zweite Variante wegen des Geldmangels der AFP die wahrscheinlichere.
Autorin
Anja Burri
ist Redakteurin bei der Schweizerischen Depeschenagentur sda und ständige Korrespondentin von "welt-sichten".Die Träger der AFP haben bereits Gespräche mit der Erklärung von Bern (EvB) geführt, wie beide Seiten bestätigen. Demnach werde die EvB voraussichtlich den Arbeitsbereich Potentatengelder übernehmen, sagt Leutenegger. Alle anderen dokumentierten Informationen, etwa zur Schuldenproblematik oder zum Finanzplatz Schweiz, könnten im Schweizerischen Sozialarchiv gelagert werden.
Wegen der Geldknappheit hatte die AFP im Frühling 2011 den zweiten Geschäftsführer, Max Mader, nicht mehr weiter beschäftigen können. Dieser wird die Lücke jedoch auch nicht schließen können: Der 43-jährige Mader verstarb im letzten Sommer nach kurzer Krankheit. Kaum ein halbes Jahr später, im Januar 2012, starb André Rothenbühler im Alter von 54 Jahren nach einem Herzinfarkt. „Ich bin immer noch geschockt“, sagt Leutenegger. Sie hatte auch als Finanzpolitikerin eng mit Rothenbühler zusammengearbeitet.
Den Hilfswerken fehlt nun eine wichtige Informationsquelle
Konsternation und Erinnerungen an einen äußerst kompetenten, engagierten und liebenswerten Menschen – so lassen sich die Reaktionen von Vertretern der Politik und nichtstaatlicher Organisationen auf den Tod Rothenbühlers zusammenfassen. Als AFP-Geschäftsführer arbeitete er eng mit anderen Organisationen und Hilfswerken zusammen. Diesen fehlt nun eine wichtige Informationsquelle. „Beim Thema Staatsschulden und Entschuldung spielte André Rothenbühler schweizweit eine führende Rolle“, sagt Mark Herkenrath, Finanzspezialist bei Alliance Sud, der Arbeitsgemeinschaft sechs großer Schweizer Hilfswerke.
Die Existenznöte der AFP kommen zu einem Zeitpunkt, zu dem die Organisation eigentlich Hochkonjunktur haben sollte. „Themen wie Potentatengelder oder die Schuldenproblematik werden immer wichtiger“, sagt Herkenrath. Dies bestätigt auch ein Blick auf die Schweizer Politik: Im vergangenen Jahr wurden im Schweizer Parlament rund zehn Vorstöße zum Umgang mit Potentatengeldern eingereicht oder behandelt.
Erfolgreich war im letzten Herbst ein Vorstoß, mit dem die Parlamentarier von der Regierung Regeln für den Umgang mit hochverschuldeten und zahlungsunfähigen Staaten fordern. Eingereicht hatte ihn der FDP-Ständerat Felix Gutzwiller; die kleine Parlamentskammer, der Ständerat, nahm ihn an. Der Erfolg sei auch ein Verdienst Rothenbühlers und der AFP, sagt Gutzwiller. „Er hat es verstanden, ohne politische Scheuklappen für seine Anliegen Allianzen zu bilden“, so der bürgerliche Fachmann für Außenpolitik, der die AFP immer wieder als Wissensquelle genutzt hat.
Bis in die Bundesverwaltung hinein war Rothenbühler respektiert und in Bezug auf Potentatengelder ein wichtiger Gesprächspartner. Valentin Zellweger, Direktor der Direktion für Völkerrecht im Außenministerium, schätzte die pragmatischen Gespräche und den Austausch von Informationen mit der AFP. Die Positionen der Zivilgesellschaft und der Regierung hätten sich im Laufe der Jahre in gewissen Fällen durchaus angenähert. Er nannte als Beispiele die Diskussion um die Duvalier- und Mobutu-Gelder.
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