„Die Bundesregierung zieht Lehren aus dem Afghanistan-Krieg“: So interpretierte der „Spiegel“ den Entwurf neuer Leitlinien „für eine kohärente Politik gegenüber fragilen Staaten“ bei Auslandseinsätzen. Das neue Konzept befürworte in Einzelfällen sogar die Zusammenarbeit mit korrupten oder gewalttätigen Eliten. Denn ein System sei nur dann überlebensfähig, wenn es auf „lokalen Legitimitätsvorstellungen“ beruhe, zitiert das Blatt aus dem Entwurf.
Bis jetzt galt als ehernes Gebot, dass schlechte Regierungsführung nicht durch Kooperation legitimiert werden dürfe und strikt auf Demokratie und Rechtstaatlichkeit hinzuwirken sei. Eine Abkehr von diesem Prinzip könnte neben Afghanistan auch den Umgang mit Ländern wie Sudan, Somalia, Simbabwe oder dem Kongo grundlegend verändern, in denen der Staat schwach oder die Regierung nicht demokratisch ist und Gewalt und Armut herrschen.
Ein Sprecher des BMZ bestätigte, dass an solchen Leitlinien gearbeitet wird, wollte aber nichts Näheres sagen. Dass die Zusammenarbeit mit fragilen Staaten effektiver werden müsse, war bereits auf den internationalen Konferenzen zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit in Accra (2008) und Busan (2011) Thema. Allerdings blieb die Antwort, die das BMZ namens der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage der grünen Bundestagsfraktion im November 2011 gab, vage. Es gehe um die fünf Ziele legitimes politisches Handeln, Sicherheit, Gerechtigkeit, wirtschaftliche Grundstabilität und höhere Einkommen, hieß es dort.
In einer Sitzung des Unterausschusses Zivile Krisenprävention Ende März zum Thema „Vernetzte Sicherheit“ hatten Vertreter des Militärs und der Zivilgesellschaft dafür plädiert, die faktische „Militärlastigkeit“ dieses Konzepts stärker zugunsten von zivilgesellschaftlicher Entwicklung und Wiederaufbau neu auszurichten. Eine Empfehlung, die im jüngsten schwarz-gelben Mehrheitsbeschluss zur Ausweitung der Anti-Piraten-Mission Atalanta vor Somalia allerdings wenig Widerhall fand (siehe unten).
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