Vom Revolutionär zum Despoten

Robert Mugabe – What Happened?
Südafrika 2011, Regie: Simon Bright, 80 Minuten 
Seit 16. November in ausgewählten Kinos, www.ezef.de

Robert Mugabe, 1924 in Kutama bei Harare geboren, ist eine schillernde Persönlichkeit. Viele Anhänger und Schwarzafrikaner sehen im Präsidenten Simbabwes noch immer eine Symbolfigur, hat er doch das Land in einem blutigen antikolonialen Befreiungskampf 1980 in die Unabhängigkeit geführt. Seine Gegner betrachten ihn dagegen als einen einstigen Revolutionär, der sich in einem schleichenden Prozess über Jahrzehnte in einen Tyrannen verwandelt hat und um keinen Preis die Macht aus den Händen geben will. Der simbabwische Regisseur Simon Bright erzählt in seinem Dokumentarfilm, den er den tapferen Kämpfern für die Demokratie widmet, facettenreich den Aufstieg Mugabes, der vom einfachen Lehrer zum sozialistischen Politiker, leidenschaftlichen Revolutionär, militanten Befreiungskämpfer und zum bewunderten Landesvater wurde. Königin Elizabeth II. schlug ihn zum Ritter, ehe er zum skrupellosen Diktator mutierte.


Die wendungsreiche Karriere Mugabes spiegelt sich auch im Lebensweg des Regisseurs wider. Als Sohn einer weißen liberalen Familie einst Gegner des rassistischen Regimes von Premierminister Ian Smith in der früheren britischen Kolonie Südrhodesien, stellte sich Bright ab den 1990er Jahren als Filmproduzent in den Dienst der Bildungsarbeit der Mugabe-Regierung. 1996 produzierte er mit Ingrid Sinclair den Spielfilm „Flame“, der den Machtmissbrauch ranghoher Kommandanten gegenüber jungen Kombattantinnen im anti-kolonialen Unabhängigkeitskampf anprangerte. Nachdem er 2004 für kurze Zeit inhaftiert war, emigrierte er aufgrund der wachsenden Repression unter Mugabe nach Großbritannien.

Wie wurde aus einem geachteten Staatsmann ein verhasster Despot?

Bright kombiniert geschickt seltene Archivaufnahmen mit Statements von Zeitzeugen, ehemaligen Weggefährten, Widersachern und Opfern Robert Mugabes. Der Regisseur macht aus seiner kritischen Haltung gegenüber dem 88-Jährigen keinen Hehl. Zugleich verdeutlicht der Film aber die Gründe für die anhaltende Bewunderung, die der einstige Revolutionär Mugabe noch heute genießt. So zeigt er zweimal Mugabes Auftritt im Fernsehen nach seiner Ernennung zum Regierungschef nach der freien Wahl von 1980, bei dem er zur Versöhnung nach einem 15-jährigen Bürgerkrieg aufrief. Ausführlich geschildert werden außerdem die Fortschritte in den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit, als die Wirtschaft aufblühte, Mugabes Regierung kräftig in das Bildungs- und Gesundheitswesen investierte und die Alphabetisierungsrate zur höchsten in Afrika avancierte – 2003 lag sie bei 85 Prozent.

Bright möchte ergründen, wie es möglich war, dass aus einem hochgeachteten Staatsmann ein verhasster Despot werden konnte, eine tragische Figur, die die Ideale verrät, für die sie gekämpft hat, und das meiste zerstört, das sie aufgebaut hat. Er zeichnet den schleichenden Prozess kenntnisreich nach, beschreibt die wichtigen Etappen der 32-jährigen Herrschaft Mugabes, ohne den Anspruch zu erheben, die jüngere politische Geschichte des Landes umfassend zu analysieren. Dabei muss er sich zwangsläufig auf einige Kernpunkte beschränken, gibt aber genug Denkanstöße für eine vertiefte öffentliche Diskussion. So etwa zur Rolle der einstigen Kolonialmacht Großbritannien, die nach den Massakern der fünften Brigade Mugabes schwieg, bei denen zwischen 1982 und 1985 im Matabeleland etwa 20.000 Ndebele getötet wurden, einer Minderheit, der auch sein langjähriger Rivale Joshua Nkomo angehört.

Am schlüssigsten wirkt der Deutungsansatz des Regimekritikers und Ex-Guerillakommandeurs Wilfred Mhanda. Er sagt: „Mugabe ist besessen von der Macht. Er ist vor allem damit beschäftigt, seinen Zugriff auf die Macht zu festigen.“ Der Film endet mit einer bitteren Antwort auf die Frage im Titel: „Mugabe hatte das Potenzial, Simbabwe groß zu machen, zu einer wirklichen afrikanischen Erfolgsstory. Stattdessen besteht sein Vermächtnis in Völkermord und Verzweiflung.“ (Reinhard Kleber)

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