Der Digitalexperte Jörg Schieb berichtet in seinem Buch "Energiefresser Internet" über den gigantischen Ressourcenverbrauch, der mit dem Internet und der dazugehörigen Infrastruktur weltweit einhergeht – und über dessen Folgen für das Klima.
Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Wir machen uns Gedanken über den Stromverbrauch für die Beleuchtung unserer Städte und Häuser, wir drehen die Heizungen herunter und kontrollieren den Wasserverbrauch für Dusche und Waschmaschine. Um einen der größten Energiefresser in der modernen Industriegesellschaft aber kümmern wir uns, wie Jörg Schieb betont, kaum: um das Internet. Der Autor, der sich seit rund zwanzig Jahren mit digitaler Kommunikation beschäftigt, rückt in seinem neuesten Buch den ungeheuren Aufwand an Infrastruktur, Rechenzentren, Servern und anderen Diensten in den Blick, die unsichtbar im Hintergrund laufen und Unmengen von Energie verschlingen.
Allein in Deutschland verbrauche die digitale Kommunikation etwa 13 Terawattstunden Strom im Jahr. Das würde seinen Berechnungen nach – die er aber nicht weiter ausführt – ausreichen, um 3,7 Millionen Haushalte ein Jahr mit Energie zu versorgen. Annähernd zwölf Prozent des weltweiten Stromverbrauchs fallen bereits für den Datenverkehr an – mit steigender Tendenz. Als besonders energiehungrig erweist sich das Videostreamen: Eine Stunde Streamen verursacht, wie er schreibt, im Durchschnitt 3200 Gramm Treibhausgase – mehr als bei 20 gefahrenen Autokilometern mit einem Verbrennermotor entstehen.
Derlei Zahlen und anschauliche Vergleiche hat der Autor in Hülle und Fülle zusammengetragen. In neun Kapiteln beschreibt Schieb Aufbau und Hintergründe der digitalen Infrastruktur. Er erklärt, wie viel Energie das Cloud-Computing erfordert und wie aufwändig der Mobilfunk ist. Der digitalen Währung Bitcoin ist ebenso ein eigenes Kapitel gewidmet wie dem Streaming. Alles ist mit Zahlen belegt und wird allgemeinverständlich erklärt. Das Buch ist flüssig und unterhaltsam geschrieben, hat aber auch nahezu lexikalischen Charakter und kann als Nachschlagewerk dienen.
Nur dann ins Internet gehen, wenn man es tatsächlich braucht
Darüber hinaus zeigt der Experte anhand von Beispielen, wie sich Geräte, Rechenzentren und Server energieeffizienter gestalten ließen und welche Initiativen und Projekte es dafür schon gibt. So speisen in der schwedischen Hauptstadt Stockholm die Versorgungsunternehmen die Abwärme der Rechenzentren in das Fernwärmenetz ein. Viel Energie könne zudem gespart werden, wenn die Zentren in kühleren Regionen errichtet würden. Grönland sei hierfür beispielsweise ein beliebter Standort, auch weil die Insel darüber hinaus viel erneuerbare Energie aus Wasserkraft bereitstellen könne.
Schließlich richtet sich der Autor auch direkt an Leser- und Nutzerinnen. Unter anderem weist er darauf hin, dass das Onlinestreaming weltweit bis zu 60 Prozent des Datenverkehrs ausmacht. Deshalb sollten wir uns überlegen, wie viel davon wirklich notwendig sei. Besser sei es, sich die gewünschten Beiträge herunterzuladen und auf dem eigenen Gerät zu speichern. Bei kleinen Endgeräten wie etwa Smartphones könne man auch ohne Qualitätsverlust durch eine niedrigere Auflösung viel Energie sparen. Das schone nicht nur die Umwelt, sondern auch den eigenen Geldbeutel.
Generell rät Schieb dazu, so viel wie möglich offline zu arbeiten und nur dann ins Internet zu gehen, wenn man es tatsächlich braucht. Leider sind heutzutage fast alle E-Mail-Programme so programmiert, dass sie offline gar nicht funktionieren – das sollte sich ändern. Fazit: Ein durch und durch lesenswertes und nützliches Buch.
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