Die Regiebrüder Arab und Tarzan Nasser erzählen in ihrem Spielfilm, wie zwei einsame Herzen inmitten politischer Turbulenzen im Gazastreifen zueinanderfinden. Eine melancholische Kombination aus Late-Life-Romanze und Sozialsatire.
Der jüngste militärische Schlagabtausch zwischen der radikalislamischen Hamas und dem Staat Israel hat einmal mehr gezeigt, wie verhärtet die Fronten im Nahen Osten sind und wie viel Leid der seit Jahrzehnten ungelöste Konflikt erzeugt. Er ist auch in dem Kinospielfilm „Gaza Mon Amour“ im Hintergrund allgegenwärtig, etwa durch Schusswechsel in der Ferne oder den Lärm von Kampfflugzeugen, aber er drängt sich nie in den Vordergrund. Dort stehen im zweiten Langfilm der palästinensischen Zwillingsbrüder Arab und Tarzan Nasser eine zart angedeutete Liebesgeschichte zwischen älteren Semestern sowie die schwierigen Lebensumstände im abgeriegelten Gazastreifen, wo die Hamas regiert.
Der 60-jährige Junggeselle Issa fährt jede Nacht vom Hafen von Gaza-Stadt zum Fischen aufs Meer. Damit er nicht versehentlich die erlaubte Fünf-Kilometer-Zone verlässt, wirft er die Netze unweit der Küste aus. Seinen Fang verkauft er auf dem Markt. Dort beobachtet er täglich die etwa gleichaltrige Witwe Siham, die ein kleines Textilgeschäft betreibt. Issa hegt schon seit langem eine starke Zuneigung zu ihr, wagt aber nicht, seine Gefühle zu äußern.
Überraschender Fang im Fischernetz
Issas ruhiges Leben gerät aus der Bahn, als er eines Nachts eine antike Bronzestatue aus dem Netz zieht. Heimlich bringt er die Apollofigur mit dem erigierten Penis in sein einfaches Haus. Derweil hat Issas Schwester Manal sich in den Kopf gesetzt, ihren Bruder unter die Haube zu bringen, und stellt ihm mehrere heiratswillige Frauen vor. Die Brautschau wird von der Polizei gestört, die bei einer Razzia die Statue sicherstellt und Issa in Gewahrsam nimmt. Der Polizeikommandeur will das wertvolle Stück zu Geld machen und bietet es einem ausländischen Museum an. Kaum ist Issa wieder auf freiem Fuß, zieht er seinen besten Anzug an und will zu Siham gehen, um ihr endlich einen Heiratsantrag zu machen, da steht die Polizei schon wieder vor seiner Tür.
Der melancholisch gefärbte Film ist inspiriert von einer wahren Begebenheit: 2014 fand ein Fischer aus Gaza eine Apollo-Statue im Meer, die von der Hamas beschlagnahmt wurde, um sie im Ausland zu Geld zu machen. Die Brüder Nasser nutzen den Vorfall, um die Korruption der Verwaltung, die bürokratische Verkrustungen und die Heuchelei der islamistischen Machthaber aufs Korn zu nehmen. Aber die Szenen, die Issa immer wieder als Spielball der Willkür der Sicherheitskräfte der Hamas zeigen, sorgen auch für eine absurde Komik.
Zarte Liebesgeschichte mit herausragenden Darstellern
Die Vorliebe der 42-jährigen Regisseure für skurrilen Humor zeigt sich auch im zweiten Erzählstrang, der Senioren-Romanze um zwei einsame Herzen auf der Suche nach Geborgenheit. Etwa wenn Issa sich von Siham zwei Hosen kürzen lässt, ohne diese vorher anzuprobieren – mit dem Ergebnis, dass er sich mit den zu kurzen Hosen lächerlich macht. Für ihn war nur wichtig, dass er sich in Sihams Nähe aufhalten und mit ihr sprechen durfte.
Eher beiläufig lassen die Nassers auch aufschlussreiche Alltagsbeobachtungen einfließen. So lassen die schläfrigen Soldaten am Hafen Issa jeden Abend passieren, obwohl sie wissen, dass er keine Fischereilizenz hat. Und so erzählt Issas Nachbar, ein junger Händler, von seinem Plan, einen Schmuggler einzuschalten, um der Armut und Perspektivlosigkeit im Gazastreifen durch die Flucht nach Europa zu entkommen. Eines Tages ist er tatsächlich verschwunden. Auch Sihams geschiedene Tochter Leila, die bei der Mutter wohnt und sich ständig mit ihr zankt, lässt durchblicken, dass sie am liebsten fortgehen würde.
Getragen wird der gemächliche Film, der besonders im Mittelteil einige Längen aufweist, vor allem von zwei herausragenden arabisch-israelischen Darstellern, die zu den bekanntesten und erfolgreichsten ihrer Generation gehören: Hiam Abbass als Siham und Salim Dau als Issa.
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