In ihrem heiß diskutierten Sachbuch kritisiert die in Sarajevo geborene österreichische Journalistin Melisa Erkurt, dass Zugewanderten der Weg zu höherer Schulbildung erschwert wird.
Das Schulsystem, betont sie in ihrem Buch und auch in ihren Artikeln, sei für Kinder wie Anna und Paul gemacht und lasse Hülya und Mohammed zurück. Diese Hauptthese belegt sie mit eigenen Erfahrungen. Obwohl sie in Österreich aufwuchs, gut Deutsch sprach und regelmäßig gute Noten heimbrachte, hatte sie an der Schule und selbst noch auf der Uni das Gefühl, nicht dazuzugehören.
In ihrem Buch befasst sie sich auch mit dem Problem der „Generation haram“: Viele muslimische „Burschen“ maßregeln als selbsternannte Sittenwächter ihre Schwestern und verbieten ihnen normale Verhaltensweisen von Teenagern als „haram“. Die Autorin interpretiert dieses aggressive Auftreten als Unsicherheit: „Ich habe das Gefühl, dass sie in Wirklichkeit die Mädchen beneiden, die die besseren Noten haben, die blühenden Zukunftsaussichten, die keinen auf ‚harten Kerl‘ machen müssen.“
Mädchen, nach ihren Zukunftsplänen gefragt, antworteten häufig „Ärztin“ oder „Anwältin“, „die Burschen grinsend mit ‚AMS‘ (Arbeitsmarktservice) oder ‚Bombenleger‘“. Obwohl diese jungen Männer nur oberflächliche Vorstellungen von der muslimischen Religion hätten, ließen sich Lehrer leicht von deren Machogehabe beeindrucken und schrieben diese Jugendlichen als potenzielle Islamisten ab. Viel zu wenige Lehrerinnen und Lehrer machten sich auch nur die Mühe, die Namen der Kinder richtig auszusprechen, noch weniger kämen auf die Idee, deren soziales Potenzial zu fördern. Kinder wohlgemerkt, die oft drei Sprachen beherrschen, den Eltern beim Ausfüllen von Formularen helfen und kleinere Geschwister beaufsichtigen.
Natürlich befasst sich die Autorin auch mit dem Kopftuch, das ihrer Meinung nach zu einem zentralen Problem der Integration aufgeblasen werde. Für ein viel größeres Integrationshindernis hält sie die Tatsache, dass Eltern, die des Deutschen kaum mächtig sind, ihre Kinder im Schulalltag nicht unterstützen können – und die Schule diesen Startnachteil nicht ausgleiche. Auch wenn das, was Erkurt schreibt, im Grunde längst bekannt ist, ist es in dieser Dichte und Authentizität bislang nicht in die Diskussion eingeflossen.
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