Fotografien auf Augenhöhe

Der Fotojournalist Roland Brockmann porträtiert Menschen aus Tansania und Kenia in ihrem Alltag. Dabei entsteht ein authentisches Bild des ländlichen Lebens.   

Noch immer ist der westliche Blick auf Afrika häufig von Stereotypen geprägt: Bilder zeigen hungrige Kinder, Armensiedlungen und Gewalt auf der einen, bunte Exotik und ursprüngliche Natur auf der anderen Seite. Der Fotojournalist Roland Brockmann porträtiert in seinem Bildband Männer und Frauen jenseits der gängigen Klischees: Handwerker und Busfahrer, Fischer, Händler oder Viehhirten – Menschen in ihrem Alltag eben. Entstanden sind die 44 Fotos während verschiedener Reisen durch Tansania und Kenia. Er habe sich nicht auf die Suche gemacht, sondern sei den Menschen begegnet, schreibt Brockmann, der viele Jahre als Afrikakorrespondent arbeitete und auch als Entwicklungshelfer in Tansania war. Zu sehen sind die Fotografierten dort, wo sie leben und arbeiten: in ihren Wohnungen, Werkstätten, auf dem Acker oder im Fischerboot. Die Bilder sind sorgfältig komponiert, die Kamera bewegt sich respektvoll auf Augenhöhe.

Neben den Bildern stehen kurze Protokolle, in denen die Porträtierten aus ihrem Leben erzählen: von ihrer Arbeit, wie sie davon mal besser, mal schlechter über die Runden kommen, vom Ärger mit dem betrunkenen Ehemann, den Plänen für die Zukunft oder einfach nur, welchem Fußballclub sie zujubeln. Die in Englisch und Deutsch übersetzten Texte geben Einblick in ganz unterschiedliche Lebensentwürfe und lassen die Individuen hinter den Bildern hervortreten. Warum gerade das Gewöhnliche an Brockmanns Zugang so ungewöhnlich ist und wie sich unser Bild von Afrika kulturhistorisch entwickelt hat, erklärt Alexis Malefakis, Kurator am Völkerkundemuseum der Universität Zürich, in einem kurzen kommentierenden Essay.  

Lesenswert machen das Buch die ganz unterschiedlichen Protagonisten: Brockmann hat nicht nur Kleinbauern oder Straßenhändler getroffen, sondern auch einen Sargmacher, einen Bienenzüchter, eine Barbesitzerin, einen Musiker oder auch einen Dorfkinobetreiber, der auf dem Fernseher in seiner Wohnstube DVDs vorführt. Einen blinden Fleck gibt es aber: Die porträtierten Menschen leben meist in ländlichen Regionen. Die aufstrebende Mittelschicht in Nairobi oder Arusha, die jungen Unternehmer, politischen Aktivisten oder Wissenschaftler kommen nicht zu Wort. Zu den „echten“ Menschen in Ostafrika gehören sie aber ganz sicher dazu.

 

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