In seiner Mugabe-Biografie macht der Geschichtsprofessor Christoph Marx resolut und faktenreich klar: Der „Hoffnungsträger“, den viele anfangs in dem ehemaligen Alleinherrscher von Simbabwe sahen, war er nie.
Für seine These, dass Robert Mugabe von Anfang an machtgierig und gewalttätig war und sich nicht später erst zum Diktator entwickelt habe, hat der Autor dessen Biografie in ihren sozialen und geschichtlichen Kontext gestellt. 1924 sei Robert Mugabe in eine „Kultur der Gewalt“ hineingeboren worden. Die Siedlerkolonie, in der er lebte, sei von Repression und absoluter Kompromissunfähigkeit bestimmt gewesen. Der fromme, introvertierte, intelligente und auch arrogante „Eigenbrötler“ habe als Lehrer keine Aufstiegschancen gehabt und sei während seines Studiums im südafrikanischen Fort Hare politisiert worden.
Mit seinem Eintritt in die Politik in den 1950er Jahren habe er dann eine zweite Sozialisation erfahren. Alle oppositionellen, nationalistischen Organisationen hätten Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung befürwortet und eine Kultur der Denunziationen und Intoleranz praktiziert. Die Intellektuellen hätten allesamt ein „elitäres“, „selbstgerechtes“ und autoritäres Selbstverständnis gepflegt und an eine demokratische Beteiligung der Bevölkerung nicht einmal gedacht, bemerkt Marx. Auch eine politische Analyse oder ein Programm für ein neues Simbabwe existierte nicht.
Mit zahlreichen Beispielen, Beobachtungen von Zeitzeugen und Mugabe-Gefährten sowie mit Zitaten des Protagonisten selbst belegt Christoph Marx: Der Politiker Mugabe lernte von den 1960er Jahren an, interne Machtkämpfe mit Gewalt auszutragen; zunächst in Joshua Nkomos National Democratic Party (NDP) und später in der Zimbabwe African People’s Union (ZAPU) sowie als Mitbegründer der Abspaltung Zimbabwe African National Union (ZANU). Politische Gegner oder „Sell outs“ (Verräter) wurden ermordet.
Der Autor charakterisiert Mugabe als einen gnadenlosen und kalten Taktiker, der Gehorsam gegenüber seiner Autorität, Parteidisziplin und bewaffneten Kampf verlangte – an dem er sich selbst nie aktiv beteiligte. Marx entlarvt die „linke Phraseologie“ Mugabes als reine Propaganda, der niemals Taten folgten. Bereits in den 1970er Jahren sicherte er mit „Säuberungen“ unter oppositionellen Kommandeuren der eigenen Armee, mit Folter Andersdenkender und Attentaten auf Kritiker seine Macht.
Im zweiten Teil seines Buches stellt Christoph Marx dar, wie Mugabe nach der Unabhängigkeit als Präsident Simbabwes einen Einparteienstaat etablierte. Dazu schuf er ein großes Patronagenetz korrupter, von ihm abhängiger Funktionäre sowie einen gewalttätigen Geheimdienst, der Konkurrenten brutal ausschaltete. Proteste auf den Straßen ließ der Herrscher von Anfang an niederschlagen.
Sicher, unter Mugabe wurde in den Anfangsjahren das Gesundheits- und Bildungssystem ausgebaut. Aber eine durchdachte Landverteilung mit Unterstützung für Kleinbauern blieb aus. Stattdessen zog sich Gewalt in jeder Form wie ein roter Faden durch Mugabes Herrschaft: 1983 das Massaker an der Zivilbevölkerung der Ndebele, die angeblich die ZAPU unterstützt hatten, mit 20.000 Toten und Zehntausenden Verletzten; systematische Morde an Anführern auch kleinster Widerstandsgruppen und NGOs; wiederkehrende Gewaltwellen gegen das Movement for Democratic Change (MDC) des Gewerkschaftsführers Morgan Tsvangirai, gegen die Armen in den informellen Siedlungen der Städte, gegen Lehrer, Vereine, Unternehmer, Fabriken und ausländische Stiftungen.
Dass die Machtgier Mugabes zum völligen Zusammenbruch seines Landes und zu unbeschreiblichem Elend seiner Bevölkerung geführt hat, wurde, wie Christoph Marx betont, international erst Ende der 2000er Jahre zur Kenntnis genommen. Auch wer glaubt, dem Politiker Robert Mugabe eine menschliche Dimension abgewinnen zu können, sollte diese gut lesbare, faktenreiche und akribische Beweisführung lesen, wie aus einem frommen Kind und Lehrer ein afrikanischer Tyrann wurde. Nicht zu vergessen: mit hilfreichen historischen Landkarten, Personen- und Sachregister.
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