Tödliche Intelligenz

Nur noch selten schaffen es amerikanische Drohnenangriffe  in Pakistan und Afghanistan in die Nachrichten. Dabei schreiten die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen rapide voran. Der Dokumentarfilm „Krieg und Spiele“ beschreibt, was auf uns zukommt.
 

Der Einstieg wirkt spielerisch, doch die Sache ist ernst: Die Dokumentarfilmerin Karin Jurschick beginnt ihre filmische Reflexion über  die Verbindungen zwischen Computerspielen und ferngesteuerter Kriegsführung recht harmlos, schließlich kann man mit einem Joystick sowohl ein Videogame als auch ein elektronisches Waffensystem steuern. Die Autorin beobachtet einen Jungen beim Spiel mit einem Modellflugzeug in der Wüste und besucht einen Ex-Modellflugmeister der DDR, der eine kleine Flugdrohne vorführt. Ihre nächste Visite beim führenden israelischen Drohnenhersteller zeigt, dass der Schritt vom Spielzeug zur tödlichen Waffe kurz ist.

Jurschick schlägt mit ruhigen Bildern, sparsamen Erläuterungen und nachdenklichen Fragen einen weiten Bogen von Game und Spielzeug über die Überwachungsdrohne bis zur ferngesteuerten Tötungsmaschine im Anti-Terror-Einsatz. Bei Besuchen in Forschungslaboren, Universitäten und Think Tanks spürt sie Prototypen futuristischer Waffensysteme nach und hinterfragt die Verschmelzung von Mensch und Maschine via künstlicher Intelligenz.

Der Film doziert nicht und verfolgt auch keine steile These. Vielmehr stellt er  viele Fragen und beleuchtet das komplexe Themenfeld aus ethischer Perspektive. So problematisiert Jurschick die Versicherungen von Industrie und Regierungen, dass  unbemannte Fluggeräte mehr Sicherheit bringen. Sie steigt in die Debatte um totale Überwachung ein und fragt nach der Verantwortung, wenn Zivilisten bei Drohnenattacken sterben. Schließlich befasst sich der Film damit, wie die vermeintlich saubere Technologie das Wertesystem von Soldaten verändert, die wie passionierte Gamer an einem Monitor sitzen und tausende Kilometer entfernt gezielte Tötungen durchführen. Indem Jurschick immer wieder graue Bildsequenzen mit Zieloptiken von Drohnenkameras einbaut, erzeugt sie eine bedrohliche Atmosphäre.

Bedrohlich ist auch, was sie bei ihren Recherchen und Gesprächen mit Wissenschaftlern, Militärs, Philosophen, Historikern und Spiele-Entwicklern herausfindet: Der Einsatz von Drohnen nimmt rapide zu. 2014 absolvierten die Drohnen eines führenden US-Fabrikanten, der auch die Kampfdrohnen Predator und Reaper herstellt, bereits über 500.000 Flugstunden. Ein britischer Konzern hat bereits den Prototyp einer neuen Kampfdrohne namens Taranis erfolgreich getestet. Eine Drohne, die sich so gut tarnen kann, dass sie fast nicht mehr zu sehen ist

Der ehemalige Stabschef des US-Außenministers, Lawrence Wilkerson, befürchtet bei den Soldaten einen gravierenden Verlust ethischer Maßstäbe angesichts : „Soldaten setzen ihr Leben nicht mehr für den Staat aufs Spiel, sie sind Mörder und Attentäter.“

In Labors arbeiten Spezialisten längst daran, Ethik in Maschinen einzubauen. Der Robotiker Ronald Arkin ist überzeugt, dass hoch entwickelte Robotersysteme rationaler handeln können als Menschen, denn sie werden nicht durch Angst, Wut oder Frust fehlgeleitet.

Die gefährlichste Entwicklung geht der Dokumentation zufolge von Bemühungen aus, „künstliche Gehirne“ zu entwickeln. Über allem kreist die Frage nach der Kontrolle, wenn Nanoröhrenchips mit künstlicher Intelligenz leistungsfähiger werden könnten als menschliche Gehirne. Angesichts der Idee, übermenschliche Intelligenz zu implantieren, betont James Gimzewski, Chemiker und Experte für Nanotechnologie: „Es kommt darauf an, wer darüber verfügt.“

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