Die Franzosen in Mali: Eine kritische Analyse

Bernhard Schmid
Die Mali-Intervention
Befreiungskrieg, Aufstandsbekämpfung
oder neokolonialer Feldzug?
Unrast-Verlag, Münster 2014, 158 Seiten, 14 Euro

Der Journalist und Jurist Bernhard Schmid setzt sich mit der französischen Militärintervention in Mali auseinander und spart dabei nicht mit Kritik. Er schildert, wie die Malier die Präsenz der Truppen beurteilen, und bietet Einblicke in ihre Alltagssorgen.

Frankreichs Staatspräsident François Hollande hatte im Frühjahr 2012 „kategorisch“ ein militärisches Eingreifen französischer Bodentruppen in Mali ausgeschlossen. Und brachte am 13. Januar 2013 die antiterroristische „Opération Serval“ auf den Weg, deren Kosten sich bislang auf über eine halbe Milliarde Euro belaufen und deren Ende nicht abzusehen ist. Was war geschehen?

Bernhard Schmid versucht, die kontrovers diskutierten Voraussetzungen, Motive und Folgen der französischen Mali-Intervention verständlich zu machen. Dabei spart er nicht mit Kritik. Als frankreicherfahrener Autor, der als Jurist der nichtstaatlichen Organisation SOS Racisme verbunden ist, fördert er viel Neues zu Tage. Er gibt Aufschluss über den Zeitpunkt der so nicht vorhergesehen Intervention und zeichnet nach, welche regierungsinternen Meinungsbildungsprozesse dem umstrittenen Einsatzbefehl vorausgingen.

Die Hauptstadt Bamako war nicht in Gefahr

Ferner befasst er sich mit der Frage, wie es möglich war, dass das Oberkommando der französischen Malitruppen einem Brigadegeneral anvertraut wurde, den er als ehemaligen Militärberater der ruandischen Regierung (1992-94) und unbestraften „Völkermordkomplizen“ beschreibt.

Schmid verwendet nur französischsprachige Quellen und kann bei der Analyse französischer und malischer Befindlichkeiten auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. So vermag er etwa die in den französischen Medien verbreitete These zu widerlegen, die nordmalischen „Narco-Dschihadisten“ hätten kurz vor der Einnahme Bamakos gestanden – einer Zwei-Millionen-Stadt, die sich mit einer drei- bis vierstelligen Zahl von Kämpfern kaum kontrollieren lässt.

Gute Schilderung malischer Alltagssorgen

Anschaulich schildert er die Unterstützung, die die französische Intervention seitens der Mehrheit der Einwohner von Bamako erfahren hat. Anders als der etwas hölzern und schematisch anmutende Buchtitel nahelegt, werden die Sichtweisen unterschiedlicher Akteure differenziert, alltagsbezogen und nachvollziehbar beschrieben. Mit Gewinn lesen sich insbesondere die Schilderungen malischer Alltagssorgen.

Die große Stärke des Buches liegt in der informierten Analyse unterschiedlicher Akteurs- und Handlungsperspektiven. Schmid geht der Frage nach, welchen Problemen sich das Mutterland der Menschenrechte gegenüber sieht, wenn es aus operativen Gründen die politische Nähe von Partnern sucht, die repressiv gegen die eigene Bevölkerung vorgehen. Er diskutiert, ob sich die Korruptionsneigung einer Armee, deren Soldaten schlecht bezahlt aus der sozialen Unterschicht rekrutiert werden, mit Hilfe hastig inszenierter Wahlen überwinden lässt. Welche politischen Perspektiven ergeben sich langfristig für die jahrzehntelang vernachlässigten Regionen im Norden Malis? Und welche Rolle können externe Akteure wie Deutschland und die USA spielen, damit Mali seine Probleme überwindet?

Wichtige Fragen sind nach wie vor unbeantwortet. Die französische Zeitung „Le Canard enchainé“ will wissen, dass Teile des französischen Generalstabs die Interventionspläne lange mit Skepsis verfolgten. Man wisse zwar, wie man einen Krieg beginne, aber nicht, wie man ihn beende. 

Stefan Brüne

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