Edward B. Barbier und Anil Markandya
A new blueprint for a green economy
Routledge, Milton Park und New York 2013, 195 Seiten, ca. 23 Euro
Edward B. Barbier und Anil Markandya plädieren dafür, Naturgüter in die volkswirtschaftliche Berechnung einzubeziehen, und rechnen vor, wie das geht. Ihr Ansatz ist für manche Zwecke sinnvoll, hat aber seine Grenzen.
Wie macht man unsere Wirtschaft nachhaltiger? Eine Blaupause dafür, die die Umweltökonomik und die politischen Debatten stark geprägt hat, legte 1989 ein Team von Ökonomen für die britische Regierung vor. Edward B. Barbier (der damals mitgearbeitet hat) und Anil Markandya prüfen nun in dem etwas großspurig „Neue Blaupause“ betitelten Buch, wie weit die Forschung und die Politik auf dem damals gewiesenen Weg vorangekommen sind.
Die alte Diagnose halten sie weiter für im Kern richtig: Die herkömmliche Ökonomie behandle die Natur als gegeben und quasi kostenlos. Weil mehr Produktion und Konsum als Gewinn gelten, Umweltschäden aber nicht als Verlust in Rechnung gestellt würden, steuerten die Märkte und die Politik systematisch in Richtung Verschwendung von „Naturkapital“. Um das zu ändern, müsse man Umweltveränderungen bewerten, in Bilanzen aufnehmen und Anreize setzen, die Entscheidungen daran auszurichten – speziell mit Preisen für den Umweltverbrauch.
Barbier und Markandya zeigen nun, dass man inzwischen den Wert einzelner Naturgüter besser bewerten kann und dass dies, wo es passiert, zu angemesseneren Entscheidungen führt. Sie vergleichen Versuche, die Natur in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung einzubeziehen, darunter verschiedene Nachhaltigkeits-Indikatoren. Sie erklären die wichtigsten Instrumente, bessere Anreize zu setzen – etwa Steuern und Umweltabgaben, Subventionen für „grünes“ Wirtschaften und handelbare Verschmutzungsrechte – und wägen ihre Vor- und Nachteile mit Praxisbeispielen aus aller Welt ab.
Den Blick bewusst verengen
Deutlich wird: Der Ansatz ist für manche Zwecke sinnvoll. Dennoch weckt das Buch Zweifel an dieser Art Umweltökonomie. Denn sie blendet wichtige ökologische Zusammenhänge aus. Das Kapitel über ökologische Trends ist ganz schwach: Es präsentiert einen Mischmasch von Indikatoren zu Klima, Artenvielfalt, Luftverschmutzung, Wassermangel und Naturkatastrophen, ohne lokale, regionale und globale Probleme zu unterscheiden oder nach Ursachen und Zusammenhängen zu fragen. Das scheint symptomatisch für den Blick des Ökonomen, der alle Naturgüter einheitlich in Geld zu bewerten versucht. Dass dies für Güter wie die Luft, die nie gehandelt werden, sehr schwierig ist, räumen Barbier und Markandya ein – und fordern noch ausgefeiltere Methoden.
Dabei erwähnen sie selbst den Haupteinwand: Manche Umweltschäden sind irreversibel, Ökosysteme können plötzlich zusammenbrechen und ihre „Dienstleistungen“ können gar nicht oder nur mit sehr hohen Kosten technisch ersetzt werden. Daher ist es problematisch, das Kapital, das Menschen selbst herstellen, und Naturgüter als austauschbar anzusehen. Darauf beruht aber das Prinzip der „schwachen“ Nachhaltigkeit, dem zufolge man die Gesamtsumme des Kapitals vergrößern soll – des natürlichen, physischen (wie Maschinen) und menschlichen (wie Bildung). Dagegen verlangen Vertreter der „starken“ Nachhaltigkeit, wichtige Ökosysteme auf jeden Fall intakt zu halten. Barbier und Markandya weichen der Frage aus, was klüger ist: Sie erklären, es müsse weiter erforscht werden, welche Ökosysteme unverzichtbar sind und wie teuer ihre Rehabilitierung wäre. Für Ökonomen sei die Frage nicht, welche Schäden irreversibel sind, sondern was sie künftige Generationen kosten. Die Ökonomen erklären sich also für die Natur zuständig, indem sie bewusst den Blick verengen.
Richtig ist allerdings der Hinweis der Autoren, dass jede Wirtschaftstätigkeit in die Natur eingreift und stets ein Zielkonflikt zwischen Umweltschutz und Wohlstandsmehrung besteht. Das Prinzip der schwachen Nachhaltigkeit ist ein Fortschritt: Es zwingt dazu, Folgekosten von Umweltschäden zu bedenken. Und wenn Naturgüter nach dem Prinzip der starken Nachhaltigkeit streng geschützt werden, ruft das Protest hervor, weil es Geld kostet. Dann, so Barbier und Markandya, sollten Ökonomen sagen können, was der Schutz kostet – und möglichst auch, ob er sich lohnt. Aber das ist keine rein ökonomische Frage. (Bernd Ludermann)
Erschienen in welt-sichten 12-2013/1-2014