Frankfurt a.M./New York - In Afghanistan sind Frauen aufgrund rückläufiger Hilfen weniger gut medizinisch versorgt. Das geht aus einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Die Situation werde sich höchstwahrscheinlich noch verschlechtern, da weitere Kürzungen zu erwarten seien, wenn die internationalen Truppen im September das Land verlassen hätten. Internationale Geber befänden sich derzeit in Wartehaltung um zu sehen, ob die Taliban ihre Kontrolle im Land ausbauen, sagte Frauenrechtsexpertin Heather Barr. „Aber das ist keine Ausrede, um die Mittel für die Grundversorgung zu kürzen, die Hilfsorganisationen auch in unsicheren und Taliban-kontrollierten Gebieten leisten.“
Der Bericht „Ich hätte gerne vier Kinder, wenn wir überleben“ dokumentiert die Schwierigkeiten für Frauen und Mädchen, an medizinische Hilfe zu gelangen und die Verschlechterung des Gesundheitssystems aufgrund rückgängiger internationaler Mittel. Dieser seit Jahren kontinuierliche Rückgang wirke sich schon jetzt aus und habe teilweise lebensbedrohliche Folgen, betonen die Autorinnen und Autoren des Berichts. Denn Afghanistan hänge in hohem Maße von internationaler Hilfe ab, da diese mehr als 75 Prozent des Budgets der Regierung ausmache.
Hohe Sterblichkeit und gefährliche Schwangerschaften
Schon jetzt seien Kliniken für die Menschen in vielen Regionen kaum zu erreichen. „Frauen kommen kaum an die fundamentalsten Informationen über Gesundheit und Familienplanung“, heißt es in dem Bericht. Sie hätten oft mehr Kinder als sie möchten und riskierten gefährliche Schwangerschaften. Die Sterblichkeit von Frauen und Kindern sei sehr hoch. Laut den Vereinten Nationen sterben 638 von 100.000 Frauen bei oder an den Folgen einer Schwangerschaft oder Geburt. Und 60 von 1.000 Kindern sterben vor ihrem fünften Geburtstag.
Während die Krankenhäuser über immer weniger Mittel verfügten, verlangten sie immer häufiger Geld von den Patientinnen und Patienten für Dienstleistungen, die zuvor kostenlos gewesen seien, hieß es weiter. Doch viele Erkrankte könnten nicht einmal den Transport dahin bezahlen. Die Geber müssten den dringenden Bedürfnissen der afghanischen Bevölkerung Priorität einräumen, gerade auch denen von Frauen und Mädchen, forderte die Menschenrechtsorganisation. Für den Bericht wurden nach Angaben von Human Rights Watch 56 Personen interviewt, darunter 34 Frauen und 18 Beschäftigte im Gesundheitsbereich, unter ihnen der afghanische Gesundheitsminister.