Berlin/Yangon - Amnesty International wirft der Militärjunta in Myanmar vor, mit Kriegswaffen gegen die demonstrierende Bevölkerung vorzugehen. Dafür habe man 55 Videos analysiert, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag in Berlin. Etliche dokumentierte Tötungen kämen außergerichtlichen Hinrichtungen gleich. Daran seien einige militärische Einheiten beteiligt, denen bereits Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an ethnischen Minderheiten vorgeworfen worden seien.
Tödliche Taktiken und Waffen wie ansonsten auf Schlachtfeldern üblich würden nun im ganzen Land zunehmend gegen friedlich Protestierende und Passanten eingesetzt, kritisierte Amnesty. So werde mit scharfer Munition wahllos in Menschenmengen gefeuert. "Diese militärischen Taktiken in Myanmar sind nicht neu, allerdings wurden die Mordserien noch nie live übertragen, so dass die Welt Zeuge wird", sagte die Amnesty-Direktorin für Krisenbewältigung, Joanne Mariner.
Skrupellose Kommandeure
Das sei nicht das Handeln überforderter, einzelner Offiziere, die Fehlentscheidungen träfen. Vielmehr handle es sich um das Vorgehen skrupelloser Kommandeure, die bereits in Verbrechen verwickelt gewesen seien, etwa gegen Angehörige ethnischer Minderheiten in den Bundesstaaten Rakhine, Kachin und Shan. Für die Gewalt gegen Demonstranten waren laut lokalen Medien unter anderem Soldaten einer Infanterie-Division verantwortlich, die im August 2017 an der brutalen Offensive gegen die muslimischen Rohingya beteiligt gewesen waren.
Seit dem Militärputsch am 1. Februar in Myanmar wurden laut den Aktivisten der "Vereinigung zur Unterstützung politischer Gefangener" mehr als 60 Menschen bei Protesten getötet und bis Dienstagabend fast 1.940 festgenommen. Angesichts der steigenden Todeszahlen müssten der UN-Sicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft mehr tun als Besorgnis zu äußern, forderte Mariner. Es müsse unverzüglich gehandelt werden, um die Verstöße zu stoppen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.