Ist Ihre Musik das, was wir in Europa Weltmusik nennen?
Ich denke schon. Wir mischen westliche Popelemente mit traditioneller indonesischer Musik. Dafür benutzen wir westliche Instrumente, wie das Cello oder Akkordeon, aber auch die Ukulele und die Kendang-Trommel aus Indonesien. Unsere Musik ist eine Neuinterpretation der traditionellen Kroncong-Musik. Kroncong gibt es seit dem 16. Jahrhundert, als die Portugiesen nach Indonesien kamen: Sie brachten ihre Instrumente und Musik mit und die Menschen haben sie mit einheimischen Stilen vermischt. Seitdem gab es immer wieder neue Interpretationen. Leider wird diese Musik nur mit alten Leuten assoziiert.
Wie sind Sie selbst zur Musik gekommen?
Ich bin “bimusikalisch” aufgewachsen: Mit sieben Jahren fing ich an, Klavier zu spielen – also klassische, westliche Musik – aber gleichzeitig hörte ich sehr viel lokale, traditionelle Musik, insbesondere aus Aceh im Norden Sumatras. Dort bin ich aufgewachsen. Später habe ich klassischen Gesang studiert. Mitte der 1980er Jahre begann ich mich mehr für traditionelle indonesische Musik zu interessieren und habe Ethno-Musikwissenschaften studiert.
Was reizt Sie daran, so viele Stile miteinander zu mischen?
Daraus ziehe ich meine gesamte Kreativität. Ich komponiere zwar nicht selbst, aber ich arbeite mit sehr unterschiedlichen Musikern zusammen – Popmusikern, Jazzmusikern, zeitgenössischen Komponisten und Musikern, die lokale Musik machen. Auch unsere Bandmitglieder haben alle einen unterschiedlichen musikalischen Hintergrund. In Indonesien gibt es so viele verschiedene Kulturen. Ich mache Musik, weil mich interessiert, wie wir uns durch Musik besser kennenlernen können und zueinander finden. Leider existieren in Indonesien immer noch Barrieren zwischen den verschiedenen Volksgruppen. Die ethnische Zugehörigkeit spielt eine sehr wichtige Rolle.
Wer geht auf Ihre Konzerte?
Unsere Band gibt es erst seit 2007 und unser Publikum ist noch recht überschaubar: 200 bis 400 Leute kommen zu unseren Konzerten. Wir machen keine Mainstream-Musik. Die traditionelle Kroncong-Musik ist nicht sonderlich populär. Doch wenn die Leute erst einmal unsere moderne Interpretation kennengelernt haben, erreichen wir hoffentlich auch die Jüngeren.
Trotzdem sind Sie in Indonesien bekannt?
Ich würde nicht sagen, dass ich berühmt bin. Die Leute kennen mich, weil ich anders bin und in ihren Augen verrückte Sachen mache – abseits vom Mainstream.
War es schwer eine Plattenfirma zu finden?
Wir haben unser eigenes Label. Kroncong Tenggara lässt sich nicht kommerziell vermarkten. Keine Plattenfirma würde diese Art von Musik produzieren. Wir kämpfen, aber es liegt uns wirklich am Herzen. Mit Hilfe unserer Netzwerke können wir sogar in Deutschland auftreten, und auch nach Australien wurden wir eingeladen. Jeder von uns hat aber noch andere Projekte. Ich singe zum Beispiel noch in anderen Bands.
Wissen Sie, welches Lied auf dem Spitzenplatz der indonesischen Charts ist?
Gute Frage! Ich schätze, irgendein indonesischer Popsong. Die meisten indonesischen Musiker kopieren einfach nur amerikanische Popmusik – nur die Sprache ist anders. Die jungen Leute schauen MTV und hören amerikanische Musik. Das ist natürlich nicht falsch – es ist einfach so. Aber sie sollten auch realisieren, dass es Alternativen gibt. Es gibt auch in unserer eigenen Kultur noch etwas zu entdecken, etwas, mit dem wir unserer eigenen Identität näher kommen können.
Was wird Ihr nächstes Projekt sein?
Ich werde gemeinsam mit einem String Quartet aus New York auftreten – aber auch mit Kroncong Tenggara wird es weitere Auftritte geben.
Das Gespräch führte Saara Wendisch.
Ubiet
heißt eigentlich Nyak Ina Raseuki. Sie wuchs im Norden Sumatras auf.
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