Leitthema des umfangreichen Berichts ist eine leider nicht mehr selbstverständliche Feststellung: Armut zu bekämpfen und soziale Ungleichheit zu mindern, ist die Hauptaufgabe der Entwicklungszusammenarbeit. Hilfe für den Übergang zu einer „grünen“ Wirtschaft, speziell für Klimaschutz und Klima-Anpassung, könne zu diesen Zielen beitragen, tue das aber nicht automatisch. Klima-Hilfen müssen bewusst armutsmindernd gestaltet werden, sonst könnten sie Armut und Ungleichheit sogar verschlimmern. Dass die OECD, der die Mehrheit der großen Geber von Entwicklungshilfe angehört, dies betont, ist wichtig.
Der Bericht zeigt, dass Armut und Ungleichheit zuletzt wieder zugenommen haben und insbesondere für Afrika nicht absehbar ist, wie bis 2030 extreme Armut (also unter 2,15 US-Dollar pro Kopf und Tag) überwunden werden kann. Diese Armutsschwelle sei zudem zu niedrig angesetzt für viele Länder, etwa Südasiens; setze man realistischer 3,65 US-Dollar pro Tag an, dann sei die Zahl der Armen viel höher als die der gut 700 Millionen extrem Armen.
Was hilft, ist gut bekannt
Die Entwicklungshilfe sei nicht ausreichend auf Regionen mit der größten Armut konzentriert. Im Detail wird untersucht, was Hilfsagenturen bei der Planung und der Überwindung von Silodenken behindert. Öffentliche Entwicklungshilfe wird als verlässliche Quelle der Finanzierung für nachhaltige Entwicklung dargestellt.
Erfreulich klar zählt die OECD auf, welche Rezepte zur Armutsminderung bekannt und bewährt sind – etwa Sozialsicherung und Bargeldtransfers an Arme, für alle zugängliche Bildung, Schutz von Frauenrechten, Arbeitsrechte in Lieferketten, Förderung ländlicher Räume, aber auch Steuerreformen und eine stärkere Besteuerung der Reichsten. Sie fordert ihre Mitgliedsländer auf, diese mit internationalen Schritten gegen Steuerverlagerung und Steuerflucht zu unterstützen. Zudem sollten sie nicht nur die Entwicklungszusammenarbeit kohärenter machen (eine alte Forderung), sondern sie mit der Klimapolitik verzahnen und vermeiden, dass diese schädliche Nebenwirkungen für arme Länder hat wie im Fall des von der EU geplanten CO2-Grenzausgleichs. Der Übergang zur grünen Wirtschaft dürfe nicht dem geopolitischen Wettbewerb dienen und ihn anheizen. Die Chancen, dass solche Mahnungen der Entwicklungsfachleute in den OECD-Ländern durchdringen, scheinen allerdings nicht groß.
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