Worum geht es beim Welt-Pandemieplan?

Kurz erklärt
Im Mai wollen sich die 194 Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsversammlung auf ein Pandemieabkommen einigen. Beim Zugang zu medizinischen Gütern, geistigen Eigentumsrechten, fairer wissenschaftlicher Zusammenarbeit und bei der Finanzierung liegen die Positionen von Nord und Süd aber auseinander.

Mareike Haase leitet das Referat Welternährung und soziale Rechte bei Brot für die Welt.

Was ist der Zweck des Pandemieabkommens, das die 194 Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsversammlung (WHA) im Mai schließen wollen?

Vor zwei Jahren waren wir noch mitten in der Covid-19-Krise und haben gesehen, was geschieht, wenn die Weltgemeinschaft schlecht auf eine Pandemie vorbereitet ist: Der Zugang zu lebensrettenden Arzneien, Impfstoffen und auch Gesundheitsfachkräften war sehr ungleich verteilt. Das war nicht nur ungerecht, es hat auch die Ausbreitung der Pandemie befeuert, denn sie lässt sich nicht punktuell, sondern nur global wirksam eindämmen. Jetzt gilt es, daraus die nötigen Lehren zu ziehen und sich für ein nächstes Mal besser vorzubereiten.

Was soll dafür neu geregelt werden?

Im Bereich Prävention geht es darum, die strukturellen Ursachen von Gesundheitsproblemen in den Blick zu nehmen und mögliche Pandemien frühzeitig zu erkennen um dann rasche, koordinierte Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Dafür müssen wir zur Vorsorge die öffentlichen Gesundheitssysteme stärken, weltweit Kapazitäten für Forschung, Entwicklung und klinische Studien ausbauen und den internationalen Informationsaustausch verbessern. Im Bereich Reaktion schließlich ist das Ziel für den Ernstfall ein gerechter Zugang zu medizinischen Gütern, einschließlich Impfstoffen, dazu ein globales Lieferketten- und Logistiknetzwerk für alle sowie nachhaltige Finanzierungsmechanismen. Wie das im Einzelnen erreicht werden soll, wird allerdings sehr kontrovers diskutiert. 

Wo liegen die Konfliktlinien?

Ein wichtiger Knackpunkt ist, dass die Länder des globalen Nordens ungehinderten Zugang zu Informationen über Erregerproben und zu Ergebnissen aus Untersuchungen des Genoms von Erregern fordern. Die Länder des globalen Südens wollen diese Informationen aber nicht ohne Gegenleistung aus der Hand geben. Sie wollen im Gegenzug einen garantierten und für sie finanzierbaren Zugang zu den lebensrettenden medizinischen Produkten, die auf der Basis ihres Beitrags entwickelt werden. Eine solche Garantie wollen die Länder des Nordens mit Rücksicht auf ihre Pharmaindustrien aber nicht geben. Ein Klassiker ist auch der Schutz von geistigem Eigentum und Patenten, kurz Patentschutz: Die Länder des Südens machen sich dafür stark, ihn im Falle einer Pandemie zwar vorübergehend aber grundsätzlich für alle erforderlichen Impfstoffe, Medikamente, Diagnosemittel und medizinische Geräte aufzuheben und das Wissen um die Herstellung dieser zu teilen. Dann könnten Hersteller im globalen Süden viele der Produkte schnell und kostengünstig selbst produzieren und es könnten auch weltweit mehr verfügbare Produktionsstätten genutzt werden. Am Ende würden davon alle Länder profitieren, denn auch in Deutschland gab es zu Beginn der Pandemie ja Engpässe in der Versorgung.

Wie sind die Positionen zur Finanzierung des Pandemieplans?

Die Länder des Südens treten für ein Prinzip der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten“ ein, wie es erstmals 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung festgeschrieben wurde. Das Prinzip erkennt die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Kapazitäten der Länder für die Bewältigung globaler Herausforderungen an. Damals hatten die Regierungen ihren unterschiedlichen Beitrag zur Umweltzerstörung anerkannt – und damit auch ihre unterschiedliche Verantwortung, für entstandene Schäden zu bezahlen. In diesem Sinne sollen auch zum Pandemieschutz die EU und andere Industrieländer mehr beitragen. 

Spricht der globale Süden hier mit einer Stimme? 

Politisch und wirtschaftlich vertreten die Staaten des Südens teilweise sehr verschiedene Positionen, das stimmt. Mit Blick auf die Verhandlungen zum Pandemievertrag sind sie sich aber weitgehend einig. Nicht zuletzt als Folge der egoistischen Corona-Politik der USA und Europas zu Beginn der Pandemie. Diese hat viel Vertrauen in die Länder des globalen Nordens zerstört.

Das Gespräch führte Barbara Erbe. 

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