Große Armeen wie die der USA, Frankreichs und Großbritanniens haben ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollen bis 2050 CO2-neutral werden – natürlich ohne Abstriche an ihrer Kampfkraft. Wie Nato-Armeen das Ziel netto-Null erreichen wollen, hat das IISS untersucht.
Die Emissionen von Armeen sind enorm – man kennt sie aber nicht genau, weil die Staaten nur einzelne Informationen dazu preisgeben. Auf dieser Grundlage haben Fachleute von Scientists für Global Responsibility (SGR) 2022 hochgerechnet, dass Streitkräfte zwischen 3,3 und 7 Prozent der weltweiten Emissionen verursachen dürften. Der höhere Wert wäre mehr als der globale Flug- und Schiffsverkehr zusammen und mehr als der Ausstoß jedes einzelnen Landes außer der USA, Chinas und Indiens.
Erst mal die Gebäude dämmen
Laut der Studie aus dem IISS setzen mehrere Nato-Armeen kurzfristig darauf, mit bekannter Technik Energie zu sparen, zum Beispiel ihre Gebäude zu dämmen und Solarzellen auf Dächer zu setzen. Transportfahrzeugen wollen sie effizienter machen und auf elektrische Antriebe umstellen. Für im Gefecht eingesetzte Fahrzeuge ist das laut IISS mit bekannter Technik aber noch nicht möglich. Hier sparen Drohnen und Roboter interessanterweise Energie, weil sie leichter sind als Kampfjets und Panzer.
Mittelfristig müssen sich die Armeen aber hier für null Emissionen auf technische Durchbrüche verlassen. Das gilt erst recht bei Kampf- und Transportflugzeugen: Mit Abstand den größten Teil ihres Treibstoffs brauchen Nato-Armeen für Flüge, dann folgen Seetransporte. So entfallen laut IISS bei der US-Armee zwei Drittel des Verbrauchs auf „Mobilität“ und ein Drittel auf den Betrieb der Basen im Ausland; bei Armeen, die weniger Basen haben, verschlingt Mobilität drei Viertel des Treibstoffs.
Auf Technik setzen, die es noch nicht gibt
Laut IISS setzen Nato-Armeen darauf, dass neue, weniger klimaschädliche synthetische Kraftstoffe entwickelt und in ausreichender Menge verfügbar gemacht werden – einschließlich kleiner Kernkraftwerke zum Antrieb von Schiffen. Damit sollen die Emissionen so weit gesenkt werden, dass der nicht vermeidbare Rest kompensiert werden kann, zum Beispiel mit Finanzierung für CO2-Minderung anderswo oder mit CO2-Bindung und Speicherung (Offsetting). Laut IISS ist aber Klimaschutz dabei für Streitkräfte ein sekundäres Ziel. Auch neue Kraftstoffe schätzen sie vor allem, wenn sie die Energieversorgung sicherer machen.
Da klingt das Ziel netto-Null nach Wunschdenken. Selbst wenn die erhofften technischen Durchbrüche kommen, werden neue Kraftstoffe knapp und teuer sein, bemerkt SGR. Ähnliches gilt für Rohstoffe, die man für Solar- oder Windanlagen braucht. Und militärisches Gerät wird für sehr lange Einsatzdauer konzipiert. Treibstoff fressende Panzer, Schiffe und Flugzeuge, die heute gekauft werden, blasen auch 2050 noch CO2 in die Luft. Und das Rezept, „übrige“ Emissionen zu kompensieren, ist grundsätzlich fragwürdig. Laut SGR heißt das: Wer Klimaschutz ernst nimmt, muss sich von der Idee verabschieden, dass Sicherheit mit militärischen Mitteln hergestellt werden kann.
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