Für Afrika ist die Volksrepublik China zu einem der wichtigsten Handelspartner und zum größten Investor geworden. In Europa wird diese Süd-Süd-Zusammenarbeit oft kritisiert als Versuch Pekings, sein autokratisches Entwicklungsmodell zu verbreiten, sich Rohstoffe zu sichern und mit fragwürdiger Entwicklungshilfe Einfluss zu gewinnen.
Die Kritik ist teilweise berechtigt, sagt die China-Wissenschaftlerin Marina Rudyak in ihrer wichtigen Studie zu Chinas Entwicklungszusammenarbeit. Wer die kritisiert, sollte laut Rudyak aber zunächst nachvollziehen, wie China selbst sie versteht und warum. Das tut sie in dem Papier und liefert dazu eine Fülle von Hintergrundinformationen. Dabei versteht sie Entwicklungszusammenarbeit weit und berücksichtigt auch etwa Afrika-Geschäfte von chinesischen Unternehmen; der größte Teil von Chinas Engagement in Afrika erfüllt ihr zufolge nicht die Kriterien der OECD für Entwicklungshilfe und ist meist mit Exportförderung verbunden.
Am eigenen Erfolgsmodell orientiert
Zunächst skizziert Rudyak, wie sich die chinesisch-afrikanischen Beziehungen mit dem rasanten Wirtschaftswachstum in China seit 1978, dem Ende des Ost-West-Konflikts, den Umbrüchen in Afrika und dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping gewandelt haben. Antikoloniale Solidarität und gegenseitiger Nutzen prägten aber seit langem das Herangehen Pekings. Und dass Chinas Regierung propagiere, für Entwicklung seien Infrastruktur und politische Stabilität entscheidend, entspreche den eigenen Erfahrungen, was in China ökonomisch Erfolg hatte.
Rudyak gibt dann einen etwas lexikalischen, aber nützlichen Überblick über die Regierungsstellen und Institutionen, die in China an Entwicklungszusammenarbeit mitwirken. Es folgen drei Fallstudien zur Zusammenarbeit mit Afrika in einzelnen Sektoren. In der zu Gesundheit erfährt man zum Beispiel, dass chinesische Firmen in Afrika auch einheimische Pharmaproduktion aufbauen. Die zu Arbeitsverhältnissen in Infrastrukturprojekten macht deutlich, dass chinesische Firmen den schlechten Umgang mit Arbeitskräften aus China gewöhnt sind und nach Afrika mitbringen.
Standards für Digitalisierung aus China
Besonders interessant ist die Fallstudie zu Smart-City-Initiativen, also zu Digitalisierung in Infrastruktur und Verwaltung von Städten. Sie schließen Überwachungstechnik ein und tragen dazu bei, dass Chinas große Digitalkonzerne das „digitale Ökosystem“ in Afrika prägen und problematische chinesische Standards exportieren, schreibt Rudyak. Aber sie seien attraktiv und oft das einzige Angebot zur Digitalisierung afrikanischer Städte.
Die Studie enthält eine Reihe teils spezifischer Handlungsempfehlungen für die europäische Afrikapolitik. Die meisten laufen auf drei Grundsätze hinaus: Europa solle afrikanische Behörden dabei unterstützen, die Tätigkeit chinesischer Firmen und Organisationen Regeln zu unterwerfen, etwa für Arbeitsbedingungen. Es solle anerkennen, wenn chinesische Firmen und Institutionen zu Afrikas Entwicklung beitragen, und sie ins – auch kritische – Gespräch darüber ziehen. Und Europa solle in Afrika selbst mehr und bessere Angebote machen, als aus China kommen.
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