Drei Viertel aller Länder, gegen die die Vereinten Nationen, die Vereinigten Staaten und die Europäische Union Sanktionen verhängt haben oder verhängen, sind autoritär regiert, betont der Politikwissenschaftler Christian von Soest, der am GIGA-Institut für globale und regionale Studien forscht. Die meisten Sanktionen beträfen dabei – neben Fragen von Rüstungskontrolle und zunehmend auch Cyberangriffen – die Demokratisierung und Achtung der Menschenrechte in den Zielländern. Gleichzeitig hätten die USA und ihre Verbündeten aber immer wieder autoritäre Regierungen unterstützt, beispielsweise in Ägypten oder in Afrika südlich der Sahara, was ihre moralische Autorität beim Aussprechen von Sanktionen nicht erhöhe.
Die Studie unterscheidet drei Wege, auf denen Sanktionen gegen autoritäre Regime idealerweise wirken könnten. Sie könnten ein Regime bei einer wichtigen Position zum Nachgeben bewegen, weil die Herrschenden einsähen, dass es „die Sache nicht wert ist“. Sie könnten auch indirekt wirken, indem sie Angehörigen und Unterstützern der Herrschaftsclique wirtschaftlich schaden und sie so dazu bringen, auf einen veränderten Kurs der Regierung hinzuwirken. Schließlich könnten sie die wirtschaftliche Situation in einem Land so zum Schlechteren verändern, dass die Bevölkerung in Protest auf die Straßen strömt.
Autokraten können Sanktionen für sich nutzen
Gleichzeitig könnten sich autoritäre Regime in der Regel aber, so die These des Autors, leichter als Demokratien vor derlei Druck schützen, da sie in ihrem Herrschaftsbereich nur ein geringes Maß an politischem Wettbewerb, Partizipation und Rechtsstaatlichkeit dulden. Angesichts der Knappheit von Gütern, die durch Sanktionen bestärkt werde, neigten die Machthabenden überdies dazu, eben diese Güter zentral und willkürlich zu verteilen oder an ihre Anhängerschaft umzuleiten – was die Menschen noch abhängiger vom Wohlgefallen der Regierung mache. Dazu komme, dass ein von Sanktionen betroffenes Regime gezielte Sanktionen in der Regel als imperialistischen Angriff auf das ganze Land darstelle und gleichzeitig die Repression verstärke, um potenzielle Demonstranten einzuschüchtern. Auf internationaler Bühne gelinge ihnen darüber hinaus immer wieder, Sanktionen zu umgehen und freundschaftliche Kontakte zu anderen Autokratien zu knüpfen.
Da autoritäre Regime nach Einschätzung des Autors in den kommenden Jahren die Hauptziele des Drucks westlicher Mächte bleiben werden, fordert er eine umfassendere Untersuchung von deren Strategien, dem Druck durch Sanktionen zu begegnen. Es gelte vor allem, die Wirksamkeit von Sanktionen in Verbindung mit anderen außenpolitischen Instrumenten zu untersuchen – zum Beispiel mit Diplomatie, Auslandshilfe, Vermittlungsbemühungen und materiellen Anreizen.
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