Wer den Propheten beleidigt, gilt als Terrorist

picture alliance / ASSOCIATED PRESS/K.M. Chaudary
Anhänger der radikalislamischen Partei Tehreek-e-Labbiak Pakistan skandieren während einer Kundgebung in Lahore am 17. April 2023 Parolen gegen eine Frau, die kürzlich wegen Blasphemie verhaftet wurde. Auf Druck von Tehreek-e-Labbaik (TLP) hat die Regierung Pakistans nun entschieden, dass Blasphemie künftig mit Terrorismus gleichgesetzt werden kann.
Kirche und Ökumene
In Pakistan ist das sogenannte Blasphemiegesetz verschärft worden, den Beschuldigten droht nun lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe. Menschenrechtler und kirchliche Organisationen berichten, dass vor allem Minderheiten von dem Gesetz betroffen sind.

Die Regierung in Pakistan hat Mitte Juli auf Druck der radikalislamischen Partei Tehreek-e-Labbaik (TLP) entschieden, dass Blasphemie künftig mit Terrorismus gleichgesetzt werden kann. Menschenrechtsaktivisten fürchten nun, dass willkürliche Verhaftungen zunehmen und in Blasphemie-Prozessen faire Verfahren erschwert werden. Bereits im Januar hatte das Parlament das sogenannte Blasphemiegesetz verschärft und die Strafen für den besonderen Fall, dass die Ehefrauen oder Familienangehörige des Propheten beleidigt würden, auf zehn Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von rund 4000 Euro erhöht. Nach pakistanischem Recht kann Blasphemie mit bis zu lebenslanger Haft und grundsätzlich auch mit dem Tod bestraft werden, was bisher noch nicht angewandt wurde. 

Bis der Oberste Gerichtshof Beschuldigte freispricht, dauert es oft viele Jahre. Besonders problematisch sind in diesem Zusammenhang auch die Lynchmorde, die unter dem Vorwurf der Blasphemie verübt werden. Genaue Zahlen hat das katholische Centre for Social Justice (CSJ) im März dieses Jahres vorgelegt. Im Zeitraum 1987 bis 2022 wurden demnach mindestens 88 Menschen bei Lynchmorden getötet, 64 davon waren Muslime (53 Prozent), 23 Christen (26 Prozent) 14 Ahmadis (16 Prozent), zwei Hindus und einer Buddhist. Bei zwei Personen habe die religiöse Zugehörigkeit nicht eindeutig geklärt werden, heißt es in dem Bericht. 

Im gleichen Zeitraum waren mindestens 2120 Menschen in Pakistan unter dem Vorwurf der Blasphemie ins Gefängnis gebracht worden. Das CSJ mit Sitz in Lahore macht darauf aufmerksam, dass Minderheiten in Pakistan besonders stark von dem Blasphemiegesetz betroffen sind. Obwohl sie zusammen nur 3,5 Prozent der Bevölkerung ausmachen, stellen sie rund die Hälfte aller Beschuldigten. 

Gleichzeitig mit der Verschärfung des Gesetzes hat das Ministerium für religiöse Angelegenheiten und interreligiöse Harmonie eine Untersuchung über den Einfluss der sozialen Medien auf die Gesellschaft veröffentlicht. Nach Angaben des Ministeriums gebe es auf verschiedenen pakistanischen Internetplattformen eine gut organisierte Kampagne, die seit mehreren Jahren darauf abziele, mit blasphemischem Material gegen Gott, den Koran, den Propheten Muhammad, seine Familie und seine Gefährten sowie gegen die Nationalflagge das Verhalten und die Überzeugungen der pakistanischen Jugend zu untergraben, berichtet die Nachrichtenagentur Associated Press of Pakistan. Mehr als vierhunderttausend Internet-Konten seien daran beteiligt. 

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