Was beschäftigt Sie gerade?
Ich bin im Juli aus Malawi zurückgekommen, wo wir im ländlichen Distrikt Chikwawa ein neues Projekt beginnen. Kurz davor hatte der Zyklon Freddy alles verwüstet. Wo vorher riesige Maisfelder waren, ist jetzt gar nichts mehr. Es ist eine Spur der Verwüstung zu sehen, und die eh schon fragile Lebensgrundlage für 600.000 Menschen ist weggebrochen. Das zu sehen, war dramatisch.
Was für ein Projekt unterstützen Sie in Chikwawa?
Es geht um Weiterbildungen für Lehrer, die Idee dafür kam von unserer Partnerorganisation „Community Forum“. Malawi zählt zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Mehr als 70 Prozent der 20 Millionen Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze. Für die Lehrerausbildung sind kaum Gelder vorhanden, und auch Bücher sind wegen der gestiegenen Papierpreise äußerst knapp. Das Projekt stellt Lehr- und Lernmaterialien zur Verfügung und verbessert die didaktischen Fähigkeiten der Lehrer, den Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Denn Didaktik und Pädagogik kommen in der zweijährigen Lehrerausbildung meist zu kurz.
Wie sind Sie zu ora-Kinderhilfe gekommen?
Eigentlich durch Zufall. Ich habe Germanistik und Geschichte studiert und einige Jahre in der Unternehmenskommunikation gearbeitet. Dann habe ich bei der ora-Kinderhilfe eine Patenschaft für ein Mädchen abgeschlossen, das im Alter meiner eigenen Töchter war. Einige Zeit später bekam ich die Anfrage, ob ich auch beruflich dort einsteigen möchte. Das wollte ich sofort.
Wieso arbeiten Sie mit Kinderpatenschaften?
Wir machen die Erfahrung, dass die persönliche Beziehung zu einem Kind für viele Spendende motivierend ist. Aber die Mittel, die wir über eine Patenschaft zur Verfügung stellen können, vergeben wir immer auf drei Ebenen: Ein Teil geht direkt an das Kind und seine Familie, ein Teil an die örtliche Community und ein Teil an lokale Infrastrukturprojekte. Wir haben auch einen Fonds für humanitäre Nothilfe, damit kein Kind die Patenschaft vor Schulabschluss verliert, etwa wenn ein Pate sich die Ausgabe nicht mehr leisten kann. Wir springen dann so lange ein, bis sich eine neue Person findet.
Was ist für Sie die wichtigste Erkenntnis aus Ihrer Arbeit?
Mir wird immer tiefer bewusst, wie fundamental wichtig Bildung ist. In Malawi können viele Kinder nicht lesen, schreiben oder rechnen, obwohl sie regelmäßig in die Schule gehen. Die Schulen sind oft sehr schlecht ausgestattet, das Lernniveau ist niedrig. Fast jedes zweite Mädchen wird vor dem 18. Lebensjahr verheiratet. Die Zukunft scheitert für viele Kinder deshalb an ganz simplen Dingen, zum Beispiel daran, dass Block und Stift fehlen.
Das Gespräch führte Barbara Erbe.
Neuen Kommentar hinzufügen