Verglichen mit afrikanischen Ländern muten die Zahlen für Indonesien wenig dramatisch an. Laut UN-Aids lebten 2009 rund 310.000 der insgesamt 245 Millionen Indonesier mit dem HI-Virus. Gerundet kommt damit ein HIV-Infizierter auf 800 Einwohner. In Südafrika dagegen ist jeder Zehnte infiziert. Allerdings gibt es in Indonesien große regionale Unterschiede. Die bei Touristen beliebten Inseln Bali und Java zum Beispiel sind stark betroffen. Auch West-Papua weist alarmierende Zahlen auf. Hier vermuten Fachleute einen Zusammenhang mit der starken Militärpräsenz und der damit einhergehenden Prostitution. Auch die Gruppe der indonesischen Arbeitsmigranten, die für einige Zeit im Ausland Geld verdient haben, ist überproportional von HIV und Aids betroffen.
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In den Jahren 2006 bis 2009 hat die Regierung in Jakarta das Budget für die staatliche Aids-Arbeit von 11 Millionen auf 73 Millionen US-Dollar fast versiebenfacht. „Der Staat konzentriert sich aber vorwiegend auf die Arbeit mit Drogenabhängigen und anderen Randgruppen, was die Stigmatisierung von HIV und Aids zusätzlich befördert“, sagt Hans Heinrich, der Indonesienverbindungsreferent in der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS, vormals Evangelisches Missionswerk in Südwestdeutschland), zu der neun reformierte indonesische Kirchen gehören. Umso wichtiger sei deswegen, dass die Kirchen die Krankheit als ein gesamtgesellschaftliches Phänomen begreifen, sagt Heinrich. Rund neun Prozent der Indonesier sind Christen; zwei Drittel davon gehören einer protestantischen Kirche an.
Ratlose Gemeinden, ratlose Pfarrer, ratlose Kirchenführer
„Für viele Pfarrer wurde HIV und Aids ein Thema, weil infizierte Gemeindeglieder sich an sie wendeten“, sagt Christine Grötzinger, die in der EMS ebenfalls mit den Kirchen in Indonesien zusammenarbeitet. Die Pfarrerinnen und Pfarrer wiederum wandten sich an die Kirchenleitungen, die allerdings auch keine Antworten gewusst hätten, sagt Grötzinger. Die EMS habe deswegen vor zwei Jahren zusammen mit mission 21 in Basel eine Aids-Koordinatorin angestellt, welche die Kirchen in Indonesien in ihrem Umgang mit HIV und Aids berät. Dabei gehe es um Beratung und Aufklärung, aber auch darum, sich theologisch mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Viele Pfarrerinnen und Pfarrer haben bisher nur Enthaltsamkeit gepredigt“, sagt Grötzinger. Nun gehe es darum, die Lebenswirklichkeit insbesondere der jungen Menschen wahrzunehmen. So manche Vorstellung aus traditionellen Religionen sei da allerdings eher hinderlich. „Häufig wird eine Krankheit noch immer als eine verdiente Strafe für eine böse Tat gesehen.“ Entsprechend stark würden HIV-Infizierte nach wie vor stigmatisiert. Es sei noch nicht klar, sagt Grötzinger, in welche Richtung die Diskussion unter konservativen und an Aufklärung interessierten Theologen letztendlich gehen werde.
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