Rufisque - Wäsche trocknet auf am Strand aufgehängten Leinen, Kinder spielen Fußball im Sand. Die Fischer sitzen auf Bänken im Schatten. Die senegalesische Stadt Rufisque liegt etwas mehr als 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Dakar. Vor der Küste zwischen Mauretanien im Norden und Gambia im Süden wurden riesige Vorkommen an Erdöl und Gas entdeckt. Mamadou Diop Thioune zeigt auf die Wellen des Ozeans. „117 Kilometer entfernt in der Tiefe ist eine erste Offshore-Plattform für Erdöl, dahinter eine für Erdöl und eine für Gas“, sagt er.
Der 71-jährige Mann im hellblauen Kaftan ist der Vorsitzende der Organisation „Pêche Ecologie“ (Fischfang und Ökologie). Er kennt hier jeden der herumsitzenden Fischer und begrüßt alle mit Handschlag. „Das Wasser steigt, die Küste wird weniger, das Meer leergefischt“, sagt Thioune. Er kritisiert, dass Regierung und Unternehmen vor der Erschließung von Öl- und Gasfeldern keine Bestandsaufnahme gemacht hätten.
Nicht nur vor Rufisque, sondern auch vor anderen Orten an der Küste lagern riesige Vorkommen an Erdöl und Gas. Entdeckt wurden sie 2014. Auch die Bundesregierung zeigt Interesse an dem Erdgas aus dem westafrikanischen Land. Es könnte dabei helfen, von Importen aus Russland unabhängig zu werden. Bei Umweltschützern stößt das Vorhaben auf Ablehnung, weil die Erschließung neuer Gasfelder nicht mit dem 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sei.
Senegals Präsident Macky Sall hingegen erklärte im vergangenen September vor der UN-Vollversammlung in New York, es sei „legitim, gerecht und fair“, dass Afrika seine Ressourcen ausbeute. Der Kontinent brauche Industrialisierung und sei am wenigsten an der weltweiten Umweltverschmutzung beteiligt.
Kein Ölunternehmen habe sich je in den Dörfern vorgestellt
Thioune, der die Interessen der Fischer Senegals vertritt, weiß um die Probleme, die durch die Förderung verursacht werden. So gibt es Sicherheitszonen um die Förderplattformen, die für den Fischfang gesperrt sind. „Das Licht der Plattform zieht alle Meereswesen an, aber Fischen ist dort verboten“, sagt Thioune. Kein Unternehmen, weder der britische Ölkonzern BP noch das ebenfalls beteiligte amerikanische Unternehmen Kosmos Energy, habe sich in den Dörfern vorgestellt und mit der Bevölkerung gesprochen.
Der Vize-Koordinator des lokalen Fischfangkomitees von Rufisque, Mor Ndoye, erzählt, dass die Fischer inzwischen in fernere Gebiete fahren und mehr Geld für Treibstoff ausgeben müssten. „Wo sind die Entschädigungen für die Fischer? Werden die umgeschult?“ Der 75-Jährige fordert, dass in sicherer Entfernung von Plattformen Schutzgebiete geschaffen werden, in denen gefischt werden kann. Wegen der knappen Ressourcen kam es in der vergangenen Woche zu Auseinandersetzungen zwischen Fischern aus Saint-Louis, Kayar und Mboro. Die Gewalt sei vorerst mit der Einsetzung eines Krisenkomitees beendet worden, sagt Thioune.
Deal mit Deutschland gilt als gutes Geschäft
Die senegalesische Regierung will mit den Einnahmen aus dem Export von Flüssiggas nach Europa den Ausbau der Wirtschaft finanzieren. Neben erneuerbaren Energien soll das einheimische Gas zudem die Elektrizitätswerke speisen, die bisher mit importiertem Öl betrieben werden. Ein möglicher Deal mit Deutschland gilt als gutes Geschäft. „Wir sind bereit“, erklärte Präsident Sall.
Aber viele Fragen sind ungeklärt, etwa, wer die Einhaltung von Umweltnormen im Senegal überwacht. Zudem beißt sich die Förderung neuer Gasfelder im Ausland mit dem Ziel der Bundesregierung, die Treibhausgasemissionen zu senken und bis 2045 klimaneutral zu werden.
Trotz der Probleme ist Thioune nicht generell gegen die Förderung. „Wir haben hier die deutsche Delegation empfangen, die sich für das Gas in Senegal interessierte“, erzählt er. „Alles ist nicht zu verkaufen, aber alles muss aufbereitet werden.“ Wenn sein Land nicht die Mittel und Möglichkeiten dafür habe, müsse der Markt geöffnet werden. „Aber unsere Interessen müssen heute und in alle Zukunft gewahrt bleiben“, betont Thioune. Auch er fordert Schutzgebiete, die für die Fischerei reserviert sind - oder dass die Fischer für die Öl- und Gasförderung umgeschult werden.
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