Zuchtfische sind nicht die Lösung

Aquakultur
Eine ökologisch verträgliche Fischereiwirtschaft bietet bessere Ernährungsperspektiven als ein Ausbau von Aquakultur, besagt eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung.

Die meisten menschlich genutzten Fischarten im Ozean sind überfischt, gleichzeitig verzehren Menschen überall auf der Welt mehr Fisch als je zuvor. Eine unter anderem vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung veröffentlichte Studie zeigt nun, dass Aquakultur, also die kontrollierte Aufzucht von Meerestieren, nicht die Lösung ist.  

Die Forschenden haben dazu öffentlich zugängliche Daten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zwischen 1950 und 2018 ausgewertet. Demnach gab es die höchsten Zuwachsraten in der Fischproduktion durch Aquakultur bereits im Jahr 1996, seitdem sinken sie wieder – selbst bei Arten, die nicht von der Fütterung durch aus Wildfisch erzeugtem Fischmehl und -öl abhängen, wie etwa Algen oder Muscheln. Diese Arten gelten als besonders wichtig für die Ernährungssicherheit, denn ihre Kultur ist ökologisch weniger schädlich und unter Umständen sogar gut für die Umwelt, da Muscheln das Wasser filtrieren und Algen überschüssige Nährstoffe aufnehmen können. Oft verursachen Aquakulturen große Umweltschäden, wenn Chemikalien, Nahrungsreste, Fischkot und Antibiotika aus offenen Netzkäfigen in Flüsse und Meere gelangen, so die Autoren. 

Produktion stößt jetzt schon an ökologische Grenzen

Ein Umbau der Fischereiwirtschaft zu einer ökologisch verträglichen Fischerei böte ein deutlich höheres Zukunftspotential, erklärt Rainer Froese, mariner Evolutionsökologe am GEOMAR und deutscher Fachexperte für die Studie. So könnten die Fangmengen in europäischen Gewässern um etwa fünf Millionen Tonnen steigen, wenn Europa seine Fischerei wieder aufbauen und ordnungsgemäß bewirtschaften würde. Das ist mehr als die derzeitige jährliche europäische Aquakulturproduktion.

Um den gesamten oder einen Großteil des weltweiten Fischbedarfs von prognostizierten 173 Millionen Tonnen im Jahr 2030 zu decken, müsste das Angebot an Fischzuchtbetrieben mindestens um das Dreifache der von der FAO prognostizierten durchschnittlichen jährlichen Rate wachsen – dabei stoße die Produktion schon jetzt an ihre ökologischen Grenzen.

Entwicklungsländer, afrikanische und südamerikanische Küstenstaaten würden zudem mit hoher Wahrscheinlichkeit unter erheblicher Ernährungsunsicherheit leiden, wenn dort preisgünstige kleine Fische in noch größerem Maßstab abgefischt und an anderen Orten an teure Zuchtarten wie Lachs, Doraden, Austern oder Thunfische verfüttert würden. 
 

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