Geistliche in Opposition zu Sri Lankas Regierung

ishara S. kodikara/afp via getty images
Kardinal Albert Malcolm Ranjith (zweiter von links) und viele andere Geistliche gehen am 9. April für eine politische Wende mit auf die Straße.
Kirche und Ökumene
Sri Lanka leidet unter einer schweren Wirtschaftskrise, die Massenproteste ausgelöst hat. Auch Religionsvertreter suchen Einfluss zu nehmen. 

Fehlentscheidungen der Regierung haben Sri Lanka in eine Wirtschaftskrise historischen Ausmaßes geführt. Im vergangenen Jahr hatte sie von einem Tag auf den anderen als Teil einer großangelegten Öko-Wende den Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden verboten. Missernten und Einnahmeverluste waren die Folge. Hinzu kam, dass die Corona-Pandemie den Tourismus einbrechen ließ. Und mit dem Krieg in der Ukraine sind die Preise für Treibstoff stark gestiegen und der Tee-Absatzmarkt in Russland weggebrochen. Seit Wochen gehen täglich Tausende auf die Straße. Ministerpräsident Mahinda Rajapaksa ist am 10. Mai zurückgetreten, die Proteste richten sich aber auch gegen seinen Bruder, Präsident Gotabaya Rajapaksa. Ende April folgten Millionen dem Aufruf zum Generalstreik.

Auch Religionsführer haben versucht, ihren Einfluss auf die Politik geltend zu machen. Ende März riefen die katholischen Bischöfe die Regierung und die Opposition zu mehr Einheit auf und warnten davor, sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben. Das Land nähere sich schnell dem „Abgrund eines gescheiterten Staates“, schrieben die Bischöfe. Der Erzbischof von Colombo, Kardinal Malcolm Ranjith, wurde noch deutlicher und machte neben der Regierung auch das Volk für die Krise verantwortlich. Sie hätten ihre Führer vor zwei Jahren schließlich gewählt.

Buddhistische Mönche fordern Regierung auf, den Weg für eine Interimsregierung freizumachen

Auch die kleine methodistische Kirche in Sri Lanka meldete sich Anfang April zu Wort: Die Grundversorgung der Bevölkerung müsse sichergestellt und der Notstand aufgehoben werden, forderte sie. Die Demonstranten sollten sich friedlich verhalten und nicht für andere politische Vorhaben instrumentalisieren lassen.  

Christen sind in Sri Lanka wie Hindus und Muslime eine kleine Minderheit von etwa zehn Prozent der 22 Millionen Einwohner. Sehr viel einflussreicher ist der buddhistische Klerus: Gut zwei Drittel der Bevölkerung bekennen sich zum Buddhismus. Bis zu Beginn der Wirtschaftskrise haben die einflussreichen buddhistischen Mönche die Familie Rajapaksa unterstützt, weil diese sich klar zur Vormachtstellung des Buddhismus in dem Land bekannte. Bereits Anfang April hatte der Klerus aber in einem Brief Präsident Gotabaya Rajapaksa und Ministerpräsident Mahinda Rajapaksa aufgefordert, den Weg für eine Interimsregierung freizumachen, um das Land aus der Krise zu führen. Ende April schlossen sie sich offiziell dem Protest gegen die Regierung an und drohten, ein Dekret zu erlassen, das der Familie Rajapaksa quasi den Segen als Führer der Nation entziehen würde. 
 

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erschienen in Ausgabe 6 / 2022: Afrika schaut auf Europa
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