Genkühe gegen den Klimawandel

Reife Leistung
Was deutsche Qualitäts-Rasierklingen mit afrikanischen Rindern zu tun haben? Sehr viel! Die Glosse von welt-sichten.

Die Erderwärmung, man weiß es, setzt nicht nur Europas Fichten unter Stress, sondern auch manch andere Kreatur – so die Rindviecher in den Tropen. Die geben dann weniger Milch, vermehren sich weniger und sind öfter krank, sodass die Menschen dort weniger Fleisch und Milch haben. Kein Wunder also, dass gerade Nordafrika und Südasien von Krieg und Terror geplagt sind. Das Problem haben nun kluge britische Forscher bei der Wurzel gepackt und in Jahren harter Arbeit gefunden, wie man tropische Rinder, wie es heute heißt, resilient macht: Man setzt ihnen Gene von europäischen Artgenossen ein, die besser mit Hitze klarkommen, weil sie weniger behaart sind. Jetzt muss man nur noch dafür sorgen, dass Afrikas Bauern Gen-optimiertes Sperma nutzen oder gleich die neuartigen Mutterkühe.

Ob es nicht einfacher ginge, fragen da ein paar Schlaumeier: Im Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe“ solle man lieber afrikanischen Partnern beibringen, ihr Vieh zu rasieren. Einschlägige Entwicklungsagenturen haben dafür bereits Programme des Capacity Building ausgearbeitet samt Partnerschaften mit Unternehmen: Deutsche Qualitäts-Rasierklingen werden den Hirten per Kredit vorfinanziert, den können sie aus dem Mehrertrag der Kühe leicht zurückzahlen.

Doch dieses technikfeindliche Entwicklungsdenken ist nicht mehr angemessen. Es trifft ja nicht nur Kühe. Auch Hühner, Schweine und Ziegen wird Hitze in den Tropen in absehbarer Zeit unproduktiv machen. Genkühe sind ein Beitrag zur Grundlagenforschung, die morgen auch Wege finden wird, andere Viecher ans Klima anzupassen. Und bekanntlich werden auch Menschen in großen Teilen der Tropen bald nicht mehr leben, jedenfalls nicht mehr fleißig ackern können. Rasieren wird ihnen nicht helfen. Nur wenn man auch ihnen genetische Eingriffe verschafft, können sie bleiben, wo sie sind – und das ist schließlich das Wichtigste, oder?

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erschienen in Ausgabe 3 / 2022: Tod und Trauer
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