UN werten die Kinderrechte auf

Mädchen und Jungen unter 18 Jahren sollen in Zukunft bei einem UN-Gremium in Genf ihre Rechte einfordern können. Fachleute sehen darin einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Kinderrechte weltweit.

Besonders wichtige Kinderrechte sind das Recht auf Bildung und Gesundheit, zwei Zusatzprotokolle der Kinderrechtskonvention richten sich außerdem gegen sexuellen Missbrauch und den Einsatz von Kindersoldaten. 193 Staaten haben das Abkommen der Vereinten Nationen, das seit 1990 in Kraft ist, ratifiziert, trotzdem besuchen laut der Unesco 67 Millionen Kinder keine Schule, jeden Tag sterben tausende Kinder mangels gesundheitlicher Versorgung, ebenso werden weiterhin Minderjährige in den Krieg geschickt oder zur Prostitution gezwungen.

Autorin

Saara Wendisch

war bis August 2012 Volontärin bei "welt-sichten".

Um den Druck auf die Staaten zu erhöhen, die ihrer Pflicht bisher nicht genügend nachgekommen sind, hat die UN-Generalversammlung im Dezember ein weiteres Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention beschlossen, das ein Individualbeschwerdeverfahren enthält: Zukünftig können sich Mädchen und Jungen unter 18 Jahren vor einem UN-Ausschuss in Genf beschweren, sollten ihre Rechte verletzt werden. Bevor die Klage in Genf verhandelt wird, muss allerdings der nationale Rechtsweg bis zur höchsten Instanz ausgeschöpft werden – in Deutschland ist dies das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das Verfahren darf auch von einem Vertreter durchgeführt werden, da vor allem jüngere Kinder kaum in der Lage sein werden, den Rechtsweg alleine zu bestreiten. Der UN-Ausschuss kann von Staaten beispielsweise Wiedergutmachung oder Gesetzesänderungen verlangen.

Kinderrechtsexperten begrüßen die Entscheidung der UN: „Für uns ist das Individualbeschwerdeverfahren ein wichtiges Druckmittel, Staaten zusätzlich in die Pflicht zu nehmen“, sagt Barbara Dünnweller von der Kindernothilfe (KNH). Zehn Jahre habe ihre Organisation darauf hingearbeitet. Bisher waren die Berichte, die die Vertragsstaaten der Kinderrechtskonvention regelmäßig abliefern müssen, das einzige Kontrollmittel. Sobald das Zusatzprotokoll in Kraft ist, darf auch die KNH im Namen eines Kindes Beschwerde bei den UN einreichen.

Eine Kollektivbeschwerde ist nicht möglich

Die Klagen dürfen sich jedoch immer nur auf Einzelfälle beziehen, während die Kindernothilfe sich für ein Kollektivbeschwerdeverfahren stark gemacht hatte. „Wenn in einem Land wiederholt Kindersoldaten eingesetzt werden, hätte dies der Kindernothilfe oder unseren Auslandspartnern ermöglicht, für alle Kinder Beschwerde einzureichen“, erklärt Dünnweller. Zudem wäre es wünschenswert gewesen, eine Kollektivbeschwerde einzuführen, die direkt an den UN-Ausschuss gerichtet werden kann, ohne dass zuvor der nationale Rechtsweg ausgeschöpft werden muss.

Mit der Entscheidung der UN erhält die Kinderrechtskonvention den gleichen Stellenwert wie andere Menschenrechtsverträge: Bei dem Pakt über bürgerliche und politische Rechte oder der Frauenrechtskonvention gibt es schon länger ein Individualbeschwerdeverfahren. Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte beurteilt diese Verfahren als „ sinnvoll, da es Staaten, die ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, in die Öffentlichkeit rückt“.

Auch für das deutsche Recht könnte die Entscheidung der UN Konsequenzen haben. 16- und 17-jährige Flüchtlinge werden im deutschen Asylverfahren wie Erwachsene behandelt. Sie können zum Beispiel in Abschiebehaft genommen oder in Sammelunterkünften für Erwachsene untergebracht werden. Dies entspreche nicht der Kinderrechtskonvention, sagt Katja Dörner, Bundestagsabgeordnete der Grünen. Die schwarz-gelbe Koalition habe bei Regierungsantritt angekündigt, die Rechte der Kinder stärken zu wollen, doch bis heute sei praktisch nichts passiert, meint die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik. Das Verfahren zur Individualbeschwerde tritt in Kraft, wenn mindestens zehn Staaten das neue Zusatzprotokoll ratifiziert haben.


Kindernothilfe: www.knh.de

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