Frankfurt a.M./Washington - Die Behörden in Venezuela missbrauchen Menschenrechtlern zufolge die Corona-Bekämpfung zur Verfolgung von Regierungskritikern. Seit der Ausrufung des Ausnahmezustands Mitte März seien Dutzende Journalistinnen und Journalisten willkürlich festgenommen, medizinisches Personal, Menschenrechtler und Oppositionelle verfolgt und kriminalisiert worden, erklärte Human Rights Watch am Freitag in Washington. Viele Inhaftierte würden mit Hilfe eines unverhältnismäßigen Gesetzes zu Hassverbrechen angeklagt von einer Justiz, die nicht unabhängig sei. Verteidigern bleibe der Zugang zu Akten und Staatsanwälten verwehrt. Manche Angeklagte seien derart misshandelt worden, dass es als Folter gelten könnte.
"Der Notstand hat Sicherheitskräfte und bewaffnete Regierungsanhänger, die bereits wegen Folter und außergerichtlichen Hinrichtungen bekannt sind, darin bestärkt die Venezolaner noch brutaler zu verfolgen", sagte der Amerika-Direktor der Organisation, José Manuel Vivanco. Man könne in Venezuela derzeit nicht einmal eine private WhatsApp-Nachricht mit Kritik an Präsident Nicolás Maduro versenden, ohne Angst vor Verfolgung zu haben. Auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat sich besorgt über die Gewalt gegen Oppositionelle und Medienschaffende in der Corona-Krise geäußert.
Human Rights Watch zufolge hat Maduro den Notstand insgesamt fünf Mal verlängert, was gegen die Verfassung verstoße, die eine Beschränkung auf höchstens 60 Tage festlege. Die von der Opposition dominierte Nationalversammlung habe nicht über die Verlängerungen mitbestimmen können, obwohl das gesetzlich festgelegt sei. Das Corona-Dekret erlaube den Sicherheitskräften jederzeit "Kontrollen, wann immer sie notwendig erscheinen" bei einem "begründeten Verdacht", dass jemand gegen die Maßnahmen verstoße. Die Einschränkungen und Quarantäne-Maßnahmen würden vom Militär, der Polizei, wegen Ermordungen berüchtigten Sondereinheiten und regierungstreuen Milizen kontrolliert und geahndet.
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