SDG 11: „Das Auto ist das ungerechteste Verkehrsmittel“

Nachhaltige Städte
Wie können Großstädte in Asien und in Afrika für klima- und sozialverträglichen Nahverkehr sorgen?

In Afrika und Asien wachsen viele Städte sehr schnell. Was bedeutet das für die Verkehrsinfrastruktur?
Das starke Wachstum erhöht den Druck auf die Infrastruktur und macht es notwendig, neue Wege zu gehen. Das ist vor allem in asiatischen Großstädten schwierig, weil die oft sehr dicht besiedelt sind, man denke an Beijing oder Hongkong. Es werden Verkehrsmittel gebraucht, die wenig Platz brauchen. Das ist vor allem die U-Bahn, die in fast allen chinesischen Städten, aber auch in Delhi, Kolkata und Kairo gebaut wird oder schon existiert. Eine andere Möglichkeit sind Schnellbusse, die auf eigenen Spuren fahren und im Verkehr Vorfahrt haben. Das dritte sehr effiziente Verkehrsmittel ist das Fahrrad, das pro Spur und Stunde vier- bis fünfmal so viele Leute transportieren kann wie das Auto.

Eine U-Bahn zu bauen ist teuer. Kann sich die arme Bevölkerung dann die Tickets leisten?
Eine U-Bahn rentiert sich für eine Stadt nicht wegen der Einnahmen aus den Tickets, sondern weil als Folge der gesteigerten Attraktivität die Bodenpreise steigen. Die Stadt kann davon über eine Land- oder eine Gewerbesteuer profitieren. Eine U-Bahn muss also nicht unbezahlbar für die arme Bevölkerung sein. Entscheidend ist: Das Auto ist das ungerechteste Verkehrsmittel. In Indien ist der Autobesitz in den Städten am höchsten, was ziemlich absurd ist, weil man dort eigentlich kein Auto braucht. Es ist ein Statussymbol der Reichen und verursacht Staus und Luftverschmutzung. Darunter leidet die arme Bevölkerung. Wichtig ist, dass man demokratische Verkehrssysteme schafft, von denen alle profitieren.

Die gibt es in vielen Städten im Süden in Form von informellen Minibussen, Dreirad- oder Mopedtaxis. Gibt es Beispiele, die in ein modernes Verkehrssystem einzubinden?
Es gibt vor allem Beispiele für Konflikte. In Südafrika etwa haben sich die Minibusunternehmer gegen die neuen Schnellbusse gewehrt. Das Problem mit den Minibussen ist, dass sie häufig Staus verursachen und dadurch die Mobilität wieder behindern. Man könnte diese Angebote im Prinzip so lassen und darauf aufbauen, wenn man das unter dem Gesichtspunkt Platz ungerechteste Verkehrsmittel rausnimmt: das private Auto. Aber das ist politisch schwierig. Interessant ist ja, dass wir in den reichen Ländern zunehmend über Konzepte wie „shared mobility“ reden. Im Grunde sind das alte Ideen aus den Städten Asiens und Afrikas, wo dreirädrige Tuktuks, Minibusse oder Motorräder ihre Passagiere spontan und flexibel mitnehmen. Zum Teil kann man die heute schon digital buchen, in Jakarta etwa.

Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.

Neuen Kommentar hinzufügen

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
CAPTCHA
Wählen Sie bitte aus den Symbolen die/den/das Skateboard aus.
Mit dieser Aufforderung versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
erschienen in Ausgabe 7 / 2020: Der Plan für die Zukunft?
Dies ist keine Paywall.
Aber Geld brauchen wir schon:
Unseren Journalismus, der vernachlässigte Themen und Sichtweisen aus dem globalen Süden aufgreift, gibt es nicht für lau. Wir brauchen dafür Ihre Unterstützung – schon 3 Euro im Monat helfen!
Ja, ich unterstütze die Arbeit von welt-sichten mit einem freiwilligen Beitrag.
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!