Naturschutz auf dem Rücken der Waldbewohner?

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Projekte der GIZ und KfW
Deutschland ist einer der wichtigsten Geber bei der Finanzierung von Naturschutzgebieten im afrikanischen Kongo-Becken. Der Kritik, dass dabei die Rechte lokaler und indigener Bevölkerungsgruppen verletzt werden, hat die Bundesregierung bislang wenig entgegenzusetzen.

Anfang November haben die staatliche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die KfW Entwicklungsbank nach langem Drängen von Entwicklungspolitikern im zuständigen Bundestagsausschuss eine Studie vorgestellt, wie Menschenrechte in Schutzgebieten künftig besser geschützt werden sollen. Ihr Inhalt ist vertraulich. Eine KfW-Sprecherin teilte auf Anfrage lediglich mit, die Studie solle Wege aufzeigen, „wie die Sicherung von Menschenrechten sowie die Umsetzung internationaler Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstandards im Rahmen von EZ-Programmen im Schutzgebietsmanagement noch effektiver sichergestellt werden kann“.

Ausschussvertreter reagierten dem Vernehmen nach indes weitgehend enttäuscht. Das Entwicklungsministerium, GIZ und KfW blieben wegweisende Antworten schuldig. Es bleibe unklar, wie Konflikte zwischen Parkverwaltungen und Waldbewohnern um Land, Jagdrechte und Lebensgrundlagen gelöst werden könnten, hieß es von Seiten der Linken. „Es gibt keinen Fahrplan.“ Gebraucht würden klare Kriterien, unter welchen Bedingungen welche Partner in Schutzgebieten gefördert werden, um den teilweise katastrophalen Verhältnissen beizukommen.

Unstrittig ist, dass der Erhalt der Ökosysteme im Kongo-Becken und anderen Regionen Afrikas wichtig für den Klimaschutz und den Erhalt lokaler Wasserkreisläufe ist. Die Regionen sind bedroht von Abholzungen, Rohstoffabbau, bewaffneten Konflikten und professioneller Wilderei. Die Bundesregierung hat allein den Naturschutz in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und im Kongo seit 2005 mit insgesamt knapp einer halben Milliarde Euro finanziert. KfW und GIZ sowie der World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland arbeiten eng zusammen. Auch in Madagaskar und Sambia fördert die Bundesregierung Schutzgebiete.

Negativbeispiele aus Madagaskar und Kamerun

Doch der Naturschutz kollidiert mit den Lebensgewohnheiten angestammter Bewohner. Nichtstaatliche Organisationen und Politiker wie Sascha Raabe (SPD) oder Uwe Kekeritz (Grüne) üben seit 2018 vermehrt Kritik. So werde Waldbewohnern ihr Land genommen, versprochene alternative Einnahmequellen aus dem Tourismus blieben aus, zugesicherte Mitsprache finde nicht statt. Zuletzt warfen Vorwürfe gegen Mitarbeiter des WWF, in einigen Schutzgebieten Gewaltexzesse gegen vermeintliche Wilderer oder Eindringlinge geduldet oder gedeckt zu haben, ein Schlaglicht auf offenbar weit verbreitete Missstände.

Nach einem Besuch im Nationalpark Ankarafantsika in Madagaskar im vergangenen Jahr berichtete Raabe über eine tiefe Kluft zwischen hehren Ansprüchen von WWF oder KfW bezüglich Partizipation, wirtschaftlicher Beteiligung und der Förderung von Menschenrechten einerseits und der Realität vor Ort andererseits. Von dem selbstgesteckten Ziel, „dass die Anrainerbevölkerung vom Bestand des Parks profitieren und damit sehen soll, dass Naturschutz nicht zu ihren Lasten geht“, sei man weit entfernt. Eine Gemeinde habe drei Viertel ihres Gebietes verloren, die Schulen seien verrottet und der Tourismus werfe nichts ab.

Keine Ausbildung lokaler Wildhüter

Über Ausgrenzung und schwelende Konflikte, eine Atmosphäre von Angst und Argwohn berichtet auch das Seminar für Ländliche Entwicklung (SLE) an der Berliner Humboldt-Universität aus dem Lobeke-Naturpark in Kamerun. Beschwerdemöglichkeiten existierten nur auf dem Papier. Die lokalen Stämme hätten kaum Alternativen zur Jagd und Waldnutzung und seien an der Parkverwaltung nicht beteiligt, weil beispielsweise keine lokalen Wildhüter ausgebildet und in die tägliche Arbeit einbezogen würden.

Als besonders problematisch sieht das SLE zudem den Umgang in der „Pufferzone“ des Parks, wo auf 600.000 Hektar laut Unesco nachhaltig und sozial gerecht gewirtschaftet werden müsste, tatsächlich aber private Safari-, Holz- oder Bergbauunternehmen die Landnutzung indigener Gruppen einschränkten. Der kamerunische Staat sei zugleich kaum präsent. „Naturschutz ohne Einbeziehung der Bedürfnisse von Anrainern muss zwangsläufig scheitern“, heißt es im Fazit des SLE vom Juni.

Kritiker der Förderpolitik fordern deshalb, die Zustände müssten genau beobachtet und zudem mehr Dialogforen und Beschwerdestellen eingerichtet werden. Lokale Gemeinschaften müssten eingebunden und zugleich gestärkt werden, so dass sie erkennen und erleben, welche Vorteile ihnen der Naturschutz bringt. Dafür müssten jedoch in der Projektförderung mehr Mittel für diese Zwecke bereitgestellt werden.

Inwiefern die Bundesregierung künftig mehr Verantwortung dafür übernimmt, bleibt aber offen. Zumindest habe KfW-Chef Joachim Nagel zugesichert, die Naturschutzstrategie der KfW auf den Prüfstand zu stellen, heißt es im Bundestag. Und auch das Evaluierungsinstitut DEval hat eine mehrjährige Studie gestartet.

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erschienen in Ausgabe 12 / 2019: Armut: Es fehlt nicht nur am Geld
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