Sonia Mota ist Pastorin und Feministin. Als Direktorin der Ökumenischen Dienstkoordination setzt sie sich für die Verteidigung der Menschenrechte ein.
Am deutlichsten wurde Ricardo Gondim, ein Pastor einer sogenannten Megachurch in São Paulo und preisgekrönter Autor mehrerer Bücher: „Brasilien befindet sich in einem Zustand kollektiver Halluzination“, sagte Gondim auf einer Podiumsdiskussion auf dem Evangelischen Kirchentag in Dortmund. Er selbst predige seit 38 Jahren und wisse auch um die Kraft der Predigt. „Wie konnten Pastoren nur einen solchen Faschisten legitimieren?“ Damit spielte er darauf an, dass vor allem die Pfingstkirchen in Brasilien den jetzigen Präsidenten im Wahlkampf vor einem Jahr unterstützt haben. „Mit Predigten sollte man inspirieren und keine Angst verbreiten.“
David Mesquiati, selbst Pastor einer Pfingstkirche, räumte ein, dass Kollegen von ihm Bolsonaro unterstützt hätten. „Ich widersetze mich dem. Wir sollten so etwas nicht machen, schon gar nicht bei einer Stichwahl.“ Dennoch sehe er die Bevölkerung nicht als Opfer. „Die Kirchenmitglieder haben selbst ihre Wahl getroffen.“
Homosexuelle werden diskriminiert
Aus dem politischen Geschäft kommt Carlos Bezerra. Er ist Sekretär für Sport und Freizeit in der Stadtregierung von São Paulo und war Vorsitzender der sozialdemokratischen Partei Brasiliens (PSDB) im Kommunal- und Landtag. Auch er kritisierte die Wahlkampfhilfe der Kirchen für Bolsonaro. „Es ist immer ein Fehler, Projekte der Mächtigen blind und unkritisch zu unterstützen“, sagte Bezerra.
Sônia Mota ist Pastorin, sie bezeichnet sich zudem als Feministin und Menschenrechtsaktivistin. „Als Frau und als Feministin kann ich es nicht hinnehmen, dass Politiker wie Bolsonaro unser Land in Geiselhaft nehmen. Dass Fundamentalisten unsere Rechte bedrohen.“ Frauen würden sexuelle und reproduktive Rechte genommen, Schwule und Lesben würden ausgegrenzt. Als Direktorin der Ökumenischen Dienstkoordination (CESE), einer gemeinnützigen ökumenischen Organisation, die sich seit 46 Jahren in Brasilien für die Verteidigung der Menschenrechte einsetzt, sehe sie den Fundamentalismus auch bei einem Teil der katholischen Kirche, das sei ein Rückschritt. „Wir müssen selbst in unserer ökumenischen Organisation immer wieder darüber sprechen und überzeugen, dass wir die Menschenrechte verteidigen müssen.“ Dabei sei Menschlichkeit ein „christlicher Imperativ“.
Stadtrat Bezerra erklärte, wie er seine Überzeugungen als Christ in seiner Politik umsetzt: „Einen Politiker qualifiziert, dass er dient, dass er sich für Menschenrechte einsetzt und seinen Glauben umsetzt.“ Es gehe darum, die Verwundbaren ins Zentrum zu stellen, sie sichtbar zu machen. „Frauen werden in der Arbeitswelt am meisten ausgebeutet. Wir müssen den strukturellen Machismus überwinden“, sagte er – und verwies auf Vorbilder wie Martin Luther und Desmond Tutu.
Neuen Kommentar hinzufügen