Wie sind Sie zum fairen Handel gekommen?
Ich komme aus einem christlich geprägten Elternhaus, Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd war bei uns immer auch ein Thema. Schon als Jugendliche habe ich regelmäßig Geld für Entwicklungsprojekte im globalen Süden gespendet. Als junge Erwachsene lernte ich dann, dass sich Gerechtigkeit am besten über faire Handelsbedingungen erzielen lässt. Heute habe ich vier Kinder und weiß: Wenn die kommenden Generationen eine Chance haben sollen, müssen wir fair und nachhaltig wirtschaften, partnerschaftlich und auf Augenhöhe.
Was steht bei Ihnen gerade an?
Wir haben in Weilburg einen zweiten Weltladen aufgemacht, und ich koordiniere dafür Verkauf, Bildungs- und Kampagnenarbeit. Aus diesem Grunde fliege ich demnächst nach Nepal, um dort Textilproduzenten zu treffen, deren Waren wir in unserem neuen Laden verkaufen.
Zwei Weltläden in einer Stadt mit 13.000 Einwohnern?
Wir haben zum Glück regen Zulauf, und der erste Laden ist sehr klein. Jetzt bieten wir dort hauptsächlich Lebensmittel an und in dem neueren die Textilien. Vielen Menschen ist es nicht mehr egal, unter welchen Bedingungen ihre Kleidung produziert wird. Auch ist das Angebot breiter gefächert als noch vor 10, 20 Jahren und die Kleidung sieht nicht mehr auf den ersten Blick „öko“ aus. Darüber hinaus bieten wir regelmäßig Workshops und Vorträge an und werben so für unsere Sache.
Wie hat sich die Weltladen-Szene in den letzten 20 Jahren verändert?
Die Arbeit hat sich enorm professionalisiert. Läden und Produkte sind ansprechender geworden, präsentieren sich einheitlicher und werben auch mehr für sich. Dafür arbeiten die meisten Weltläden nicht mehr rein ehrenamtlich, sondern beschäftigen – oft auf Minijobbasis – Teilzeitkräfte. Auch die Produktpalette hat sich erweitert, und in einigen Bereichen hat fairer Handel schon beachtliche Marktanteile.
Wie sehen Sie die Rolle der Supermärkte im fairen Handel?
Es ist gut, wenn Supermärkte fair gehandelte Waren anbieten. Nicht überall gibt es Weltläden, und nicht alle Menschen finden dorthin. Fairer Handel muss normal werden, also muss er auch in die Supermärkte, wo die meisten Leute einkaufen. Allerdings bilden fair gehandelte Produkte dort nur eine – wenn auch größer werdende – Nische. Sie sind leider noch lange nicht selbstverständlich. Deshalb ist das Engagement der Weltläden so wichtig: Neben dem Verkauf der Ware leisten sie Bildungs- und Kampagnenarbeit.
Das Gespräch führte Barbara Erbe.
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