In Somalia ist rund ein Drittel der Bevölkerung nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) auf humanitäre Hilfe angewiesen. Somalia sei ein Land, in dem der „Krisenzustand zur Norm geworden ist“, schreiben die Autoren des Berichts, Alfonso Medinilla, Lidet Tadesse Shiferaw und Pauline Veron. Allerdings sei die politische Situation derzeit so stabil wie lange nicht mehr seit dem Zusammenbruch des Zentralstaats im Jahr 1991. Deshalb sei es an der Zeit, die humanitäre Hilfe enger mit der Entwicklungszusammenarbeit und mit Friedensinitiativen zu verknüpfen, um das Land zu stabilisieren und von der Hilfe unabhängig zu machen.
Dahinter steht der sogenannte Triple-Nexus-Ansatz. Die Idee: Humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensprojekte müssen miteinander verzahnt werden, weil das eine nicht ohne das andere funktioniert. In Krisensituationen schafft erst die Nothilfe die Voraussetzung für längerfristig angelegte Entwicklungsprojekte. Und umgekehrt helfen erfolgreiche Entwicklungsprojekte bei der Bewältigung von Krisen, etwa einer Dürre.
Die Autoren haben untersucht, wie dieser Ansatz in Somalia funktioniert. Dafür haben sie Dokumente und Strategiepapiere ausgewertet sowie insgesamt 25 Interviews mit Mitarbeitern von UN-Organisationen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und mit Vertretern von Gebern geführt. Beauftragt wurde die Studie von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).
Unterschiedliche Auffassungen von Begriffen
Das Ergebnis ist ernüchternd. Oft scheitere eine engere Verzahnung an eingeschliffenen Gewohnheiten und Arbeitsweisen der Beteiligten: So plane eine humanitäre Hilfsorganisation eher kurzfristig; eine Entwicklungsorganisation habe einen vergleichsweise längeren Zeithorizont. Auch dass die Gelder jeweils getrennt in die verschiedenen Sektoren fließen, sei ein Problem. Manchmal verstehen die beteiligten Akteure unter einem Begriff zwei verschiedene Dinge. Beispiel Frieden: Während Geber vor allem den Aufbau funktionierender Sicherheitsbehörden fordern, arbeiten kleinere zivilgesellschaftliche Organisationen mit Gemeinden an der Lösung lokaler Konfliktherde, heißt es in der Studie.
Die meisten Organisationen sehen den Begriff „Resilienz“ als einen geeigneten Einstieg, um ihre Arbeit in Zukunft enger zusammenzuführen, schreiben die Autoren. Darunter lassen sich sowohl die kurzfristige Hilfe in Notsituationen als auch langfristige Entwicklungsprojekte fassen. Wie ein neuer begrifflicher Rahmen etwas an der von den Autoren beschrieben Situation ändern soll, bleibt allerdings unklar.
Insgesamt ist die Studie lesenswert, weil sie deutlich macht, wie schwer sich abstrakte politische Konzepte und Wünsche in die Arbeit vor Ort übersetzen lassen. Darüber hinaus bietet sie einen Überblick über die entwicklungspolitische Szene in Somalia.
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